Karibikinseln Antigua & Barbuda

Fragiles Paradies

Als Columbus die Hauptinsel Antigua 1493 entdeckte, trug sie noch ihren indianischen Namen Wadadli – kleine Insel. Der Name Wadadli existiert heute noch, allerdings als Name einer lokalen Biersorte!

Antigua ist großteils aus Kalkstein aufgebaut, aber Resultat eines Vulkanausbruchs vor etwa 34 Millionen Jahren. Die überaus reich gegliederte Küstenlinie soll über 365 Strände verfügen - für jeden Tag einen, heißt es. Türkisfarbenes Wasser, weiße kilometerlange Strände, sichelförmige Buchten und bizarre Felsformationen wie die Devil's Bridge prägen die Insel.

Früher waren die Lagunen und natürlichen Häfen dicht mit Mangrovenwäldern bewachsen, die einer Vielzahl an Tieren Lebensraum boten. Einer der schönsten in der Gegend um Jolly Harbour im Westen der Insel wurde zum Leidwesen der Umweltschützer und Naturfreunde vor etwa 30 Jahren abgeholzt und von Schweizer Investoren in einen Jachthafen verwandelt.

Als einige Jahre später ein asiatischer Investor etliche kleinere Inseln vor der Küste Antiguas aufkaufen und in ein Ferienparadies verwandeln wollte, formierte sich die "Environmental Awareness Group", eine Umweltschutzbewegung, die dieses Vorhaben verhindern konnte. Es wäre ein ökologisches Desaster gewesen, meint Kim Derrick von der EAG, der "Environmental Awareness Group". Antigua könne sich glücklich schätzen, dass es so viele kleine Inseln und Korallenriffe vor der Küste gibt. Das ist eigentlich höchst ungewöhnlich. Das kommt aber daher, dass die beiden Insel Antigua und Barbuda vor vielen Tausend Jahren einmal miteinander verbunden waren. Zwischen den beiden Inseln herrschen die besten Voraussetzungen für Meeresfauna und -flora.

Fregattvögel auf Barbuda

Auf Barbuda zum Beispiel, auf jener Insel mit weiß-rosa Stränden, die bis zu 27 Kilometer lang sind, nistet die größte Fregattvögel-Kolonie dieser Hemisphäre. Da leben etwa 3.000 brütende Paare, erzählt Kim Derrick. Es ist ein unglaubliches Erlebnis, diese Vögel in den noch intakten Mangrovenwäldern zu beobachten.

Paarweise hocken diese Vögel mit einer Flügelspannweite von bis zu zwei Meter dreißig in den strauchartigen Gewächsen und bewachen die Nester mit den kleinen, flaumigen, fast weißen Jungen. Die Weibchen sind schwarz mit weißer Halsmanschette, die Männchen fallen durch ihren knallroten aufgeblähten Kehlsack auf.

Mangroven - Garant für sauberes Wasser

Die Mangrovenwälder sind aber nicht nur als Brutstätte der Fregattvögel von größter Bedeutung, meint Kim Derrick. Die Mangroven bieten mit ihren ins Wasser ragenden Wurzeln Lebensraum für viele Meereslebewesen. Darauf kann die Environmental Awareness Group als nichtstaatliche Organisation nur hinweisen und hoffen, dass sie bei den politischen Entscheidungsträgern Gehör findet.

Die Mangroven helfen auch mit, dass die Sedimente an der Küste nicht weggespült werden, sie halten Fluten ab und verlangsamen das Tempo der Wasserläufe. Sollten doch Sedimente von den Hügeln ins Meer gespült werden, dann dient in einem funktionierenden Ökosystem das Seegras als ein natürliches Filtersystem.

Für jeden Tag ein Strand

Noch haben die Strände Antiguas hervorragende Wasserqualität, je nach Farbe des Sandes changiert es bei Sonneneinstrahlung zwischen dunkelblau und helltürkis. 365 Strände soll es auf der Insel geben – für jeden Tag einen, heißt es. Noch hat man die Wahl zwischen belebten Stränden im Norden wie Dickenson Bay und Runaway Bay, an welchen man alle Arten von Wassersport betreiben kann und den fast menschenleeren Buchten im Süden.

Als eine der schönsten gilt die Half Moon Bay: sie liegt etwas abgeschieden wie ein Halbmond in die Hügelkette geschmiegt. An diesem Tag ist das Meer etwas rauer, die Palmen neigen sich im frischen Wind. Vom Sand beinahe schon zugeweht und von Hecken verwachsen, sieht man das Betongerippe einer kleinen Hotelanlage. Vor vielen Jahren von einem Hurrikan zerstört, wurde sie nie wieder aufgebaut.

Rettungsaktion für die Schlanknatter

Einmal im Monat veranstaltet die EAG naturkundliche Wanderungen und Ausflüge auf die vor der Küste liegenden Inseln, um das ökologische Bewusstsein sowohl bei Einheimischen, aber auch bei Touristen zu wecken, erzählt Kim Derrick. Denn die wenigsten Menschen wissen zum Beispiel, dass auf Great Bird Island eine der seltensten Schlangen der Welt existiert: die auf Antigua endemische Antigua-Schlanknatter. Sie war beinah ausgerottet worden. Durch eine beispiellose Rettungsaktion konnte das Aussterben dieser Spezies verhindert werden.

Tropischer Garten in Gefahr

Kim Derrick lebt mit ihrer Familie in dem kleinen Ort Bendals im Norden der Shekerly Mountains. Dieses Gebiet, nicht weit vom berühmten Fig Tree Drive und dem Green Castle Hill entfernt, ist auf ersten Blick ein großer tropischer Garten: diverse Palmen und blühende Sträucher in den Gärten, hin und wieder übermannshohe Kakteen und Bananenstauden – und doch gehört diese Region zu den am meisten gefährdeten Zonen Antiguas.

Einst waren die etwa drei- bis vierhundert Meter hohen Berge dicht bewaldet, durch den Bedarf an Flächen für den Zuckerrohranbau wurden sie im 17. und 18. Jahrhundert abgeholzt und konnten sich bis heute nicht erholen. Besonders gefährdet ist die größte Wasserscheide der Insel, die verläuft südlich von Buckley in jener Region, in welcher Kim Derrick zu Hause ist. Sie hat schon einige Waldbrände hinter ihrem Haus beobachtet. Das kann einem schon Angst machen, meint die Naturschützerin.

Land of Sea & Sun

Aber nach und nach kommen Umdenkprozesse in Gang. Auf Antigua lebt man sehr mit der Natur, meint Kim Derrick, das sei auch das Schöne. Man verbringt viel Zeit draußen, nützt die Strände und die vielen Ausflugsmöglichkeiten. "Land of Sea & Sun" - mit diesem Spruch wirbt nicht nur das Tourismusamt für die karibische Insel, er steht auch auf jeder Autonummer. Dieses fragile Paradies gilt es zu bewahren.

Kim Derrick gestaltet jeden Nachmittag die Radiosendung "Our House" und nützt diese Plattform um neben Kind-gerechten Inhalten auch Weltmusik und ökologische Belange zu thematisieren. Durchaus brisante Themen der Kommunalpolitik kann die Umweltschützerin aufgreifen und mit ihren Zuhörern live diskutieren. Auch dies trägt bei, Bewusstsein für Umweltschutz auf Antigua und Barbuda zu schaffen.

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