Regierungschef wirbt um Unterstützung im Parlament

Berlusconi vor Vertrauensabstimmung

Der italienische Premierminister Silvio Berlusconi hat in seiner Regierungserklärung im Senat für einen Pakt der gemäßigten Parteien plädiert. Berlusconi muss sich am Dienstag im Abgeordnetenhaus, in dem er keine Mehrheit mehr hat, zwei Misstrauensanträgen stellen.

Mittagsjournal 13.12.2010

Auftritt vor dem Senat

Die kommenden 24 Stunden sind zweifellos die schwierigsten für die vierte Regierung Berlusconi. Und so hat der angeschlagene Ministerpräsident seinen Auftritt vor dem Parlament gut kalkuliert. Sprich er trat Montagfrüh zuerst vor dem Senat, in dem er mit einer Mehrheit rechnen kann, wohl wissend, dass die eigentliche Schlacht in der Abgeordnetenkammer geschlagen wird. Dort wird Berlusconi seine Regierungserklärung am Abend abgeben. Vor den Senatoren präsentierte sich jedenfalls ein Ministerpräsident, der sich staatsmännisch und gemäßigt gab, einer der Kreide gefressen zu haben schien.

"Einheit für Italien"

Berlusconi:"Ich bin überzeugt, dass die internen Schwierigkeiten, die aufgetaucht sind, nicht unüberwindbar sind. Wir müssen zum gesunden Menschenverstand und zum Augenmaß zurückkehren. Das ist es nämlich, was der gemäßigte Flügel in Italien von uns verlangt. Der will keine Trennung, sondern Einheit für Italien."

Wirtschaftliche Lage Italiens

Breiten Raum gab Berlusconi der wirtschaftlichen Lage Italiens. Seine Regierung habe vorbildlich in diesen Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise gehandelt. Es sei allein das Verdienst dieser Koalition, dass Italien nicht mehr zu den am Finanzmarkt gefährdeten Staaten gehöre. Ein Sturz der Regierung wäre deshalb politischer Wahnsinn.

Berlusconi schlägt Regierungspakt vor

"Ich schlage daher allen gemäßigten Kräften im Parlament einen Regierungspakt vor, damit unser Programm auch tatsächlich umgesetzt werden kann. Wir verändern damit, was verändert werden muss -im Programm und in der Regierungsmannschaft. Lassen sie uns gemeinsam entscheiden, welcher der bestgeeignete Weg dafür ist."

Absage von mehreren Parteien

Während naturgemäß PDL und Lega applaudierten blieben die Vertreter der Oppositionsparteien und die Anhänger Gianfranco Finis demonstrativ auf ihren Sitzen. Der Präsident der Abgeordnetenkammer und Chef der Partei "Zukunft und Freiheit“ hatte noch gestern erneut dezidiert Berlusconi eine Absage erteilt. Seine Partei werde geschlossen der Regierung das Misstrauen aussprechen. Und sich distanzieren.

Finis Partei verlässt die Regierungsmehrheit

Freiheit und Zukunft wird, egal ob Berlusconi das Vertrauen verliert oder ob er es vielleicht mit nur einer Stimme Mehrheit erhält, nicht mehr Teil der Regierungsmehrheit sein. Freiheit und Zukunft wird zur Opposition, wenn auch im Bogen von Mitte-Rechts. Finis erklärtes Ziel ist daher eine Mitte-Rechts-Regierung - ohne Berlusconi.

Berlusconi will nur im Amt bleiben

Fini:" Berlusconi will nicht regieren, er will nur im Amt bleiben. Das ist etwas anderes. Denn so lang er damit vor der Verfolgung durch das Gesetz geschützt wird, will er bleiben. Das ist wichtig für ihn."

Vertrauensfrage morgen im Parlament

Und so gehen beim derzeitigen Stand der Dinge in Italien die Wetten weiter, wie die Vertrauensfrage ausgehen wird. Ein klares Ja oder Nein wagt kein Politologe auszusprechen. Zu verworren ist die Lage. In jedem Fall dürfte die Entscheidung morgen Dienstag von einer Handvoll Stimmen abhängen. Wahrscheinlich nach dem Motto: zu viel um zu sterben, zu wenig um zu leben. Denn Lega-Chef Umberto Bossi will im Fall einer nur sehr knappen Mehrheit in jedem Fall Neuwahlen.