Schriftsteller und RAF-Anwalt
Peter O. Chotjewitz gestorben
Der deutsche Schriftsteller und einstige RAF-Anwalt Peter O. Chotjewitz ist am Mittwoch nach längerer Krankheit im Alter von 76 Jahren in seiner Wahlheimat Stuttgart gestorben. Mit seinen politischen Romanen im Umfeld der Roten Armee Fraktion war Chotjewitz in den 1970er Jahren bekanntgeworden.
8. April 2017, 21:58
"Die deutsche Literatur hat damit einen ihrer vielseitigsten Autoren verloren, der den Essay und das Gedicht ebenso beherrschte wie das Drama und den Roman", teilte der Verbrecher Verlag in Berlin mit.
Literarische Speerspitze
"Fast letzte Erzählungen" hatte Chotjewitz seine letzten Text-Sammlungen überschrieben, von denen Band drei und vier erst in diesem Sommer herauskamen, wie der Programmleiter seines Verlags, Jörg Sundermeier, sagte. Der erste Band der gesammelten Essays, Notate, Vorstudien, Reflexionen und autobiografischen Skizzen erschien bereits 2007. Im selben Jahr veröffentlichte Chotjewitz auch seinen letzten großen Roman "Mein Freund Klaus" über den RAF-Anwalt Klaus Croissant.
In den 60er und 70er Jahren galt Chotjewitz zusammen mit Ror Wolf und Gisela Elsner als Speerspitze einer literarischen Bewegung, die mit ästhetischen Konventionen brach und den Leser mit sprachlichen Collagen herausforderte. "Wir wollten das bürgerliche Weltbild kritisieren, indem wir die bürgerliche Literatur kritisierten und bewusst parodierten", hatte er dies selbst einmal erklärt.
Dario Fo übersetzt
Seinen ersten Roman legte der gebürtige Berliner und gelernte Anstreicher mit "Hommage à Frantek - Nachrichten für seine Freunde" 1965 vor. Im selben Jahr las er vor den Schriftstellern der "Gruppe 47". Ein Jahr später ging er als Stipendiat der deutschen Kultureinrichtung Villa Massimo nach Rom und lernte Italienisch. Die Stücke Dario Fos machte er als Übersetzer in Deutschland erst bekannt. Zu seinen Romanen, in denen es meist um die Auseinandersetzung mit dem Faschismus und den Terroristen der RAF ging, zählen "Die Herren des Morgengrauens" (1978) und "Saumlos" (1979).
Chotjewitz, der in Kassel am Abendgymnasium das Abitur nachgeholt (1955) und in Frankfurt und München Rechtswissenschaften sowie Geschichte, Publizistik und Philosophie in Berlin studiert hatte, ging Anfang der 70er Jahre wieder nach Hessen und eröffnete eine Anwaltspraxis. Er war unter anderem der Wahlverteidiger des RAF-Mitgliedes Andreas Baader und des Berliner Schriftstellers Peter-Paul Zahl. Lange war er Gewerkschaftsfunktionär der IG Druck und Papier.
"In seinen Büchern ging es sowohl um die Antike oder das Italien der Renaissance wie um die gegenwärtige politische Entwicklung", schrieb sein Verlag. Chotjewitz' Werk umfasst neben Romanen und Essays auch Hörspiele und Features.