Ausstellung in Wien

Arbeiten des Kollektivs Mahony

In Wiens junge Kunstszene hat sich in den letzten Jahren auch viel getan. Die Galerie layr:wuestenhagen zeigt unter dem Titel "seeing wrong and not seeing" neue Arbeiten des Kollektivs Mahony.

Kulturjournal, 16.12.2010

"Wien rockt!" titelte das deutsche Magazin "art" kürzlich. Und stellte in einem Artikel, der die junge Wiener Kunstszene in schillernden Farben beschrieb, die Frage: Ist Wien das neue Berlin? Dass es junge Künstler aus aller Welt immer noch nach Berlin zieht, ist bekannt. Doch in Wiens junge Kunstszene hat sich in den letzten Jahren auch viel getan.

Lehrende wie Monica Bonvicini und Diedrich Diederichsen an der Akademie der Bildenden Künste haben Wien für internationale Kunststudenten interessant gemacht, die Off-Space-Szene blüht und in den Ateliers der Stadt brodelt es. Zu dieser jungen Wiener Kunstszene gehört auch die Künstlergruppe Mahony, die 2001 von Clemens Leuschner, Stephan Kobatsch, Jenny Wolka und Andreas Duscher, der sich vor kurzem von der Gruppe getrennt hat, gegründet worden ist.

Seit letzter Woche zeigt die Galerie Layr Wuestenhagen bis 29. Jänner 2010 unter dem Titel "seeing wrong and not seeing" neue Arbeiten des Kollektivs.

Expedition als Kunstform

Sie überquerten den Atlantik in einem Containerschiff, fuhren bis nach Feuerland, um bei der "Biennale am Ende der Welt" in Ushuaia ein Kartoffelessen auszurichten und campierten auf den Spuren des großen romantischen Landschaftsmalers Caspar David Friedrich in der Sächsischen Schweiz.

Für das Wiener Künstlerkollektivs Mahony steht die Expedition oft am Anfang einer künstlerischen Arbeit. Denn in einem Langzeitprojekt hat sich die Gruppe, bestehend aus Clemens Leuschner, Stephan Kobatsch, Jenny Wolka und Andreas Duscha, der das Kollektiv vor kurzem verlassen hat, der Kulturgeschichte des Reisens gewidmet und dabei nicht nur im Fundus von Mythen und Erzählungen gekramt, sondern kurzerhand ein mobiles Atelier geschaffen. Im Oktober 2008 ging die große Reise los. Mit Stationen in London, Rio de Janero, Buenos Aires und Ushuaia.

Kunstproduktion im Global Village

Nach langen Reisen ist jetzt etwas Ruhe eingekehrt. Die Gruppe Mahony ist wieder in ihrem Wiener Basislager. Teilweise zumindest. Gruppenmitglied Jenny Wolka hat sich mittlerweile in Buenos Aires niedergelassen. Via Skype ist sie trotzdem bei allen wichtigen Entscheidungen dabei - selbst beim Aufbau der aktuellen Mahony-Austellung in der Galerie Layr Wuestenhagen hat sie via Webcam mitgewirkt.

Seit letztem Freitag stellt Mahony wieder in Wien aus. "seeing wrong and not seeing" heißt die aktuelle Ausstellung in der Galerie Layr Wuestenhagen, die sich mit der Repräsentations- und Darstellungsform der Karte auseinandersetzt. Gezeigt werden Objekte, die im Vergleich zu den früheren oft aufwändigen multimedialen Installationen der Gruppe Mahony, puristisch und formal reduziert anmuten. Auch wenn konkrete Reiseerlebnisse diesmal keine Rolle spielen, ist die Idee für "seeing wrong and not seeing"beim Reisen entstanden - durch den häufigen Gebrauch von Landkarten, Straßenkarten und Stadtplänen nämlich.

"Man hat es ja, wenn man unterwegs ist, immer mit Karten zu tun. Wenn man in einer fremden Stadt unterwegs ist, bekommt man den erst besten Faltplan und auf einmal zeichnet man da seine eigenen Wege ein und das war auch etwas, was wir einfach interessant finden", sagt Stephan Kobatsch.

Die Abstraktion der Karte

Als abstrakte Abbildung des Raums, die unüberschaubare Landmassen aus der Vogelperspektive vermisst, stiftet die Karte Orientierung. Orientierung, die Expeditionen und große Entdeckungsfahrten ermöglichte und im Krieg strategische Vorteile brachte. Auf die Vermessung von Territorien folgte oft deren Aneignung, die weißen Flecken auf der Landkarte waren in den Augen der Europäer vor allem dazu da, in Besitz genommen zu werden. Die Karte ist immer schon ein politisches Instrument, ein Werkzeug der Macht gewesen. Mit diesem Aspekt der Kartografie beschäftigt sich die Künstlergruppe Mahony. Zum Beispiel in monochromen Siebdrucken von politisch umkämpften Grenzorten, die je nach Karte in einem anderen Staatzugeteilt werden. Das In-Frage-stellen der Objektivität kartographischer Darstellungen ist für die Gruppe ein zentrales Thema gewesen

Am Beginn der Kartographie war die Karte eigentlich ein Kunstwerk. Das heißt man wusste immer, dass ein Subjekt, ein Künstler steht dahinter. Heute ist es so, dass daher kommt auch der Ausstellungstitel "seeing wrong and not seeing“, dass die Karten so etwas Objektives bekommen haben, also so einen Wahrheitsgehalt haben, den man aber hinterfragt, weil hinter jeder Karte ein Subjekt steht", sagt Clemens Leuschner.

Die Vermessung des Territoriums

Gegen die Objektivität selbst der modernsten Karten sprechen zum Beispiel auch Verpixelungen, die bei Google Earth dann auftauchen, wenn etwa Geheimdienststützpunkte oder andere geheime Orte unsichtbar gemacht werden sollen. Formen, die der Struktur dieser pixeligen Landschaften nachempfunden sind, hat die Gruppe Mahony in Beton gegossen und zu einem Steinhaufen aufgetürmt, der wiederum an einen Wegweiser, oder die Markierung eines Territoriums erinnert.

Angeregt vom symbolischen Repertoire der Karte hat Mahony nüchterne Kunstobjekte entwickelt, die bei näherer Betrachtung etwas über unseren Blick auf die Welt erzählen.