Sanda Weigl singt Maria Tanase

Gypsy Killer

Vor acht Jahren nahm die Schauspielerin und Sängerin Sanda Weigl ein Album mit Musik der berühmten rumänischen Sängerin Maria Tanase auf. Weigl hatte Tanases Lieder als Kind in Bukarest gehört. Nun hat das Berliner Label Oriente Music diese legendäre Platte mit dem Titel "Gypsy Killer" wieder veröffentlicht.

"Diese wahrhaft trostlose Musik lässt uns dennoch nicht ohne Trost", sagte keine andere als die Literatur-Nobelpreisträgerin Herta Müller über die Lieder von Maria Tanase. Das war am 17. November in Berlin, bei der Finissage einer Ausstellung, die Herta Müller gewidmet war, und bei der Sanda Weigl Lieder aus dem Repertoire der Tanase sang.

Es war ein denkwürdiger Tag. Herta Müller hatte soeben erfahren, dass ihr langjähriger Weggefährte, der rumäniendeutsche Dichter Oskar Pastior, für den Geheimdienst Securitate gearbeitet, seine Freunde, Dichter und Schriftstellerkollegen bespitzelt hatte. Herta Müller, so wird erzählt, sprach unter dem Eindruck dieser Nachricht besonders eindringlich über die Lieder der Maria Tanase.

Dramatisch und komödiantisch

1968, als Sanda Weigl wegen staatsfeindlicher Hetze in Ostdeutschland im Gefängnis saß, habe diese Musik sie am Leben erhalten, sagt sie. Weigl singt die Lieder von Maria Tanase dramatisch, fast theatralisch, manchmal auch komödiantisch - aber passend zur Entstehung dieser Aufnahmen.

Die Geschichte der Sanda Weigl: Nach ihrer Kindheit in Bukarest zog die Familie nach Ost-Berlin. Sanda ist eine Nichte von Bert Brechts Frau, der Schauspielerin Helene Weigel (ihr Teil der Familie schreibt sich anders). 1964, die Beatlemania erreicht auch die DDR: Zur kurzen Hoch-Zeit der Beatbewegung singt die 16-jährige Sanda Weigl in der Band Team 4. Herbst 1965, der Beat wird verboten, dagegen gibt es in Leipzig den so genannten Beataufstand oder die Beatkrawalle, rund 100 der Verhafteten werden ins Braunkohlebergwerk zum Arbeiten geschickt.

Gefängnis und Ausbürgerung

Die schon aufgelöste Band Team 4 wird aber noch in den Jahren danach im DDR-Radio gespielt und landet nachträgliche Hits. 1968 protestiert Sanda Weigl gegen den Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen in der Tschechoslowakei und jetzt kommt auch sie ins Gefängnis. Eine Auszeichnung für Künstler, sagt sie. Später, ausgebürgert in den Westen, ist sie Schauspielerin bei Peter Zadek, Luc Bondy, Jürgen Flimm oder Robert Wilson. Heute lebt sie in New York – und dort entstand 2002 dieses Album mit den Liedern ihrer Kindheit.

Ort und Art der Entstehung sind bemerkenswert: in New York, mit Musikern, die nicht aus Roma-Familien und auch nicht aus Osteuropa stammen – und die mit Ausnahme etwa von Matt Darriau auch nicht für ihre Beschäftigung mit Musik aus Osteuropa bekannt waren, sondern als Jazzmusiker im Umfeld des bekannten Clubs Knitting Factory: der Gitarrist Marc Ribot, der Percussionist Glen Velez, der Saxophonist Roy Nathanson, oder Pianist Anthony Coleman, der die Lieder arrangiert hat. Umso beachtlicher, wie sie sich in diese musikalische Welt einfühlen, aber auch ihre Färbung, ihren Hintergrund beisteuern.

"It's killing music", soll einer von ihnen beiden Aufnahmen gesagt haben, so kam die CD zu ihrem Titel "Gypsy Killer".

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Sanda Weigl

Sanda Weigl, "Gypsy Killer", Oriente Music

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