Weitere Kapitel vor Abschluss

Kroatien setzt Weg in EU fort

Auf dem Weg zur EU-Mitgliedschaft biegt Kroatien immer mehr in die Zielgerade ein. In einer sogenannten Statuskonferenz in Brüssel werden weitere Kapitel vorläufig geschlossen. Nach dem vorgesehenen Fahrplan sollen die weiteren, noch ausständigen Kapitel bis Ende Juni, bis zum Ende der ungarischen EU-Präsidentschaft abgeschlossen werden.

Mittagsjournal, 11.01.2011

Taten folgen den Worten

Fünf Jahre verhandeln Kroatien und die EU bereits über den Beitritt, und alle bisher geplanten Fristen für den Abschluss der Gespräche wurden nicht eingehalten. Dass der nun angepeilte Juni-Termin halten könnte, hat auch mit der Verhaftung des früheren Ministerpräsidenten Ivo Sanader zu tun. Kroatien hat den Kampf gegen die Korruption lange nur mit Worten geführt. Die konkreten Taten, die nun seit einigen Monaten den Worten folgen, sind in Brüssel sehr wohl bemerkt, vielleicht hinter den Kulissen sogar verlangt worden.

Richterbestellungen

Hinzu kommt ein Meilenstein auf dem Weg zu einer unabhängigen Justiz. Die Abgeordnete der liberalen Partei HNS, sie leitet im Parlament den Ausschuss für die EU-Integration, beschreibt ihn so: "Der neue staatliche Richterrat, der bis Ende Jänner gewählt sein muss, wird auf folgende Weise bestellt: sieben Richter werden von allen Richtern Kroatiens in geheimer Abstimmung gewählt; hinzu kommen zwei Rechtsprofessoren, die von allen Professoren Kroatiens ebenfalls in geheimer Abstimmung gewählt werden und zwei Abgeordnete des Parlaments. Einer ist aus dem Kreis der Regierungsparteien, einen stellt die Opposition."

Neue Subventionspolitik

Beim Justizkapitel sieht Vesna Pusic keine großen Hürden mehr. Anders ist das beim Kapitel Wettbewerb, das die Schiffswerften umfasst. Kroatien muss seine Subventionspolitik drastisch ändern und ein, zwei Werften privatisieren, doch in Krisenzeiten ist das eben sehr schwer. Das Problem hätte schon 2006 gelöst werden müssen, und dieses Versäumnis falle Kroaten nun auf den Kopf, so Pusic.

Wandel beim Thema Tribunal

Weitgehend entschärft seien die Probleme mit Slowenien und dem Haager Tribunal. Beide haben Kroatien auf dem Weg Richtung EU jeweils fast ein Jahr gekostet. Das Thema Tribunal sieht Pusic als ein schlagendes Beispiel für den Wandel, der sich in den fünf Jahren in Kroatien vollzogen habe. Vesna Pusic: "Als wir mit den Verhandlungen begannen, war die Frage der Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal und generell die Einstellung zu diesem Thema eine sehr empfindliche, kontroversielle und aktuelle politische Frage. Heute ist das in Kroatien keine politische Frage mehr. Bei diesem Thema kann man keine Stimme mehr gewinnen oder verlieren."

Hoffnung auf Stabilität

Überzeugt ist Pusic trotz verschiedener Umfragen, dass Kroatien das Referendum klar gewinnen wird. Es muss binnen 30 Tagen nach der Unterzeichnung des Beitrittsvertrages stattfinden. Wahrscheinlich ist somit ein Herbsttermin. Das grundsätzliche Bekenntnis zu Europa sei sehr stark bei den Kroaten, und der Beitrittsvertrag, werde das Gefühl verstärken, in Europa willkommen zu sein. Und warum ist die EU eigentlich so wichtig für Kroatien? Vesna Pusic: "Meine Urgroßmutter, meine Großmutter, meine Mutter, ich und meine Tochter, die 25 Jahre alt ist – alle sind wir in derselben Stadt geboren und bisher auch gestorben. Doch niemand ist je im selben Staat geboren oder gestorben. Das heißt, dass in den vergangenen 150 Jahren in diesem Raum ein Menschenleben länger war als das Leben irgendeines Staates. Das ist ein ausreichendes Argument dafür, dass für uns politische Stabilität die wichtigste Frage ist, und Stabilität betrifft auch den Lebensstandard, die Wirtschaft oder die Menschenrechte. In dem Ausmaß, in dem es in der Politik überhaupt eine Garantie gibt, ist die EU für uns der sicherste Garant dieser Stabilität."