Die Klammer improvisierter Musik
Was sind Jazzstandards?
Es sind zumeist Popsongs, Filmmusiken und Broadwaymelodien aus den 1920er, 1930er oder 1940er Jahren; Melodien von Leuten wie Cole Porter ("What Is This Thing Called Love"), Jerome Kern ("All The Things You Are") oder auch George Gershwin ("Summertime" aus der Oper "Porgy And Bess"), die im Laufe der Jahre zu Jazzstandards wurden.
10. Oktober 2017, 18:19
Die Wandlung eines Songs aus einer Broadwayshow zu einem Jazzstandard funktioniert sehr einfach: Zunächst werden diese Songs von bekannten Sängern popularisiert: Cole Porters "I Love You" aus dem Musical "Mexican Hayride" wurde 1944 von Bing Crosby interpretiert. So gelangen diese Kompositionen auch in das Bewusstsein der Jazzmusiker, die wiederum Songs suchen, die aufgrund ihrer formalen Struktur dazu geeignet sind, als Improvisationsgrundlage zu dienen. Wenn diese Lieder noch dazu bekannt sind - umso besser!
Allgemeinbildung für Jazzmusiker
Rein musikalisch ist auf jeden Fall wichtig, dass der Song einen sich immer aufs Neue wiederholenden Chorus aufweist, der es gestattet, über sein harmonisches Gerüst beliebig oft zu improvisieren. Heinz von Hermann, Leiter der Jazzabteilung des Landeskonservatoriums Klagenfurt, meint, dass die Kenntnis von solchen Jazzstandards zur Allgemeinbildung eines jeden Jazzmusikers gehört.
Diese Songs seien einerseits eine hervorragende Unterrichtsgrundlage, andererseits gehe es aber auch um eine gewisse Traditionspflege. Oft geht es aber auch um nichts weniger als um eine Existenzgrundlage für einen Jazzmusiker. Je mehr Standards er kennt und je besser er sie spielen kann, desto größere Chancen hat er, für Auftritte engagiert zu werden, bei denen eine kurzfristig zusammengestellte Band (oft ohne Probe) einen Abend lang Jazz spielt. Und solche Jobs sind gar nicht so selten.
Ausnahme Thelonious Monk
Bis ungefähr 1960 war das Spielen von Jazzstandards bei Konzerten zumindest von kleinen Gruppen die Regel (Jazzmusiker, die die Stücke, die sie spielten, zum größten Teil auch selbst schrieben, waren eine Minderheit; einer von ihnen war der Pianist Thelonious Monk). Es gibt aber auch in der heutigen Szene Musiker bzw. Bands, die Standards ihr Hauptaugenmerk schenken - zumindest für einen gewissen Zeitraum. Diesen Musikern geht es oft um das Ausloten der Möglichkeiten, diese Stücke zu interpretieren.
Auch viele Jazzmusiker selbst haben Songs komponiert, wie Duke Ellington ("In A Sentimental Mood") und der Saxofonist Paul Desmond, der "Take Five" schrieb, während er in der Band von Dave Brubeck spielte. Auch Joe Zawinuls Mercy Mercy Mercy gehört dazu.