Studien der Uni Innsbruck revidieren Lehrmeinung
Kohlensäure: Erstmals gasförmig isoliert
Neue Sicht auf Kohlensäure als Molekül, dabei ist nicht das Gas CO2 in Getränken gemeint: Forscher der Universität Innsbruck und der Technischen Uni Wien haben erstmals im Labor gasförmige Kohlensäure hergestellt und isoliert.
8. April 2017, 21:58
Stabile Kohlensäure gibt es praktisch nicht, so lautet die gängige Meinung: Kohlensäure sei ein instabiles Molekül, das in Reinform nicht isoliert werden könne; sie zerfalle beim Verdampfen sofort in Kohlendioxid und Wasser.
Innsbrucker Chemiker haben dieses Dogma schon vor einigen Jahren umgestoßen; nun hat eine weitere Forschungsgruppe erstmals gasförmige Kohlensäure erzeugt; mit Unterstützung der Technischen Universität Wien wurden die Moleküle Moleküle exakt charakterisiert.
Als Einzelmolekül und im Verbund
Notwendig dazu sind eine Säure und eine Base, die in Schichten aufgetragen werden; sowie Temperaturen von minus hundert Grad Celsius, die langsam auf minus 30 Grad erwärmt werden, schildert Thomas Lörting vom Institut für Physikalische Chemie der Universität Innsbruck.
"Das wirklich neue an der jetzigen Arbeit ist, dass wir es in die Gasphase bringen können. Das ist schon erstaunlich, dass wir feststellen konnten, dass es verschiedene Moleküle von Kohlensäure gibt, in verschiedener räumlicher Anordnung. Und das sie nicht nur als Einzelmoleküle, sondern auch als Dimer auftreten", sagt Lörting.
Chemie-Lehrbücher umschreiben
Abgesehen von der Gruppe an der Uni Innsbruck und der Technischen Universität Wien sind laut Thomas Lörting weltweit nur noch zwei weitere Gruppen mit ähnlichen Forschungen beschäftigt: eine in Sizilien sowie niemand geringerer als die US-Raumfahrtbehörde NASA.
"Unsere Beobachtungen zu diesen Molekülen legen natürlich Nahe, dass dies Moleküle auch in astrophysikalischen Bedingungen so vorkommen. Das ist natürlich sehr hilfreich für die Astronomen, die versuchen zu identifizieren, welche Moleküle es im All gibt. Die können jetzt nämlich unsere Infrarotspektren, die wir von diesen Molekülen aufgenommen haben, verwenden und vergleichen mit den Spektren, die sie von den Satelliten bekommen haben", sagt Lörting.
Im Schweif von Kometen oder auf dem Planeten Mars müsste gasförmige Kohlensäure gefunden werden, nimmt der Chemiker an. Weitaus irdischer ist ein weiteres Ziel der Innsbrucker Forschungen: die Chemie-Lehrbücher umzuschreiben.
Service
Research Group oft Thomas Loerting
TU Wien – Institut für Materialchemie