Posten für regierungstreue Künstler
Kulturpolitik in Ungarn
Ungarn hält die EU in Atem, mit dem umstrittenen Mediengesetz, mit Banken- und Krisensteuern, die vor allem ausländische Konzerne anknabbern - und jetzt macht sich die Regierung Orban offenbar über die Kulturlandschaft Ungarns her.
8. April 2017, 21:58
Kultur aktuell, 14.01.2011
Die ungarische Kulturszene bebt. Vor allem innerhalb linksliberalerer Kreise herrscht blankes Entsetzen. Die nationalkonservative Regierung unter Ministerpräsident Viktor Orbán hat mit großangelegten Umfärbungen in allen wichtigen Kultureinrichtungen des Landes, wie Oper, Theater oder Museen begonnen.
Manager und Direktoren, die unter der vorigen linksliberalen Regierung eingesetzt worden sind, verlieren nach und nach ihre Jobs und werden systematisch durch regierungstreue Künstler oder Funktionäre ersetzt.
Korrekturen oder Willkür?
So richtig begonnen hat die Umfärbung vergangenen Oktober in der Budapester Staatsoper. Generaldirektor Lajos Vass wurde überraschend entlassen. Offizielle Begründung: Geldverschwendung. Sein Ersatz: ein eher unbekannter, dafür aber regierungstreuer Sänger.
Als offenes Geheimnis gilt, dass die Entlassung auch politische Gründe hatte, denn Vass war einst Kulturstaatsekretär der sozialistischen Regierung. Der jetzt amtierende Staatssekretär für Kultur, Géza Szöcs spricht von einer notwendigen Korrektur schwerer Fehler der Sozialisten.
"Ja, natürlich, die Sozialisten haben viele Fehler begangen, wenn wir diese jetzt korrigieren, dann gibt es böswillige Interpretationen", und weiters sagt Kulturstaatssekretär Szöcs, "Alle leitenden Künstler, die ihre Posten ihrer Loyalität zur Vorgängerregierung verdanken, glauben, dass es jetzt umgekehrt ist, dass sie aus rein politischen Gründen abgelöst werden, so wie es mit ihren Vorgängern passiert ist."
Besonders die Provinz ist betroffen
Entnervt hat der international renommierte Chefdirigent der Budapester Staatsoper, Adam Fischer seinen Posten hingeschmissen, weil er die politischen Interventionen nicht mehr ertragen konnte.
Besonders schlimm sollen die Umfärbungen in der Provinz sein. Direktoren kleinerer Bühnen, die vom Bürgermeister abhängig sind, werden quasi über Nacht entlassen. 95 Prozent aller ungarischen Gemeinden haben seit den Kommunalwahlen im Herbst einen Bürgermeister der Regierungspartei Fidesz.
Kulturstaatssekretär Szöcs meint, dass alle Vertragsauflösungen handfeste fachliche Gründe hätten: "Wenn ein Vertrag ausläuft und nicht verlängert wird, ist das ein brutaler Eingriff der Regierung? Das ist doch alles aufgeblasen und verlogen. Die westliche Presse geht nicht auf den Grund dieser propagandistischen Aussagen."
Vertragsauflösung ohne nachvollziehbare Gründe
Einer, der seinen Vertrag nicht mehr verlängert bekommt, ist Zsolt Petrányi, noch bis Monatsende Direktor der Budapester Kunsthalle. Warum, weiß er nicht, denn er habe, wie er sagt, gut gearbeitet, sein Budget nicht überzogen und auch sonst nichts Böses getan.
Für diesen Posten hat sich auch Francesca Habsburg beworben, die aber laut Kulturstaatssekretär Szöcs keine Chance hat. Die Vermutung liegt nahe, dass ihre Kontakte zur Regierungspartei Fidesz nicht ausreichend sind.
Textbearbeitung: Red.