Die Parteichefs zur Rolle des "Sonnenkönigs"

Bruno Kreisky im Rückblick

Vor genau hundert Jahren wurde Bruno Kreisky geboren. Wie sehen die Chefs der heutigen Parlamentsparteien den Politiker Kreisky? Alle fünf sind aus einer späteren Generation und waren zu Kreiskys Zeiten in keiner politischen Funktion. Ihre historische Einschätzung fällt überwiegend positiv aus, mit ein paar kritischen Einwänden, vor allem zur Schuldenpolitik.

Mittagsjournal, 22.01.2011

Faymann: Hat Österreich verändert

Als Bundeskanzler und als Vorsitzender der Sozialdemokraten ist Werner Faymann einer der Nachfolger von Bruno Kreisky. Faymann hebt die Modernisierung Österreichs unter Kreisky hervor und dessen Mitwirken an Staatsvertrag und Neutralität: er sei ein großer Staatsmann gewesen, der Österreich verändert hat, mit dem Staatsvertrag und mit dem auch heute gültigen starken Element der Neutralität. Er stehe für große Reformen und einen ungeheuren Aufbruch in den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen, um Österreich ein Stück moderner zu machen. Faymann sagt, er selbst sei in dieser Zeit aufgewachsen. Die Wertehaltung Kreiskys habe bis heute Bestand.

Pröll: Schuldenpolitik problematisch

Kritischer fällt die Einschätzung vom Parteiobmann der Volkspartei aus, von Josef Pröll. Als heutiger Finanzminister sieht er vor allem die Schuldenpolitik Kreiskys kritisch: er war ein unkonventioneller Politiker in seiner Zeit, hat gesellschaftlich Vieles aufgebrochen, das hat aber auch viel gekostet, so Pröll. Für den wirtschaftlichen Nachlass müssten wir auch noch heute zahlen. Pröll spricht von einer ambivalenten Politikerpersönlichkeit, die aber auch viel Problematisches hinterlassen habe.

Strache: Prägend für Zweite Republik

Vom Chef der Freiheitlichen wiederum, von Heinz Christian Strache, war zuletzt viel Lob über Kreisky zu hören - vor allem in der aktuellen Diskussion über Wehrpflicht und Neutralität: Kreisky sei einer der prägendsten Politiker der Zweiten Republik gewesen. Er habe damals die Zeichen der Zeit verstanden und habe Österreich ein Selbstbewusstsein gegeben. Er habe die Hoffnung der Menschen angesprochen, konnte mobilisieren und gesellschaftliche Blockaden durchbrechen und habe die Neutralität groß leben lassen, so Strache.

Glawischnig: Gesellschaft reformiert

Eva Glawischnig von den Grünen kritisiert Kreiskys Atom-Energiepolitik und seinen Kampf gegen Simon Wiesenthal, den Aufdecker von ehemaligen Nationalsozialisten. Lob gibt es für die gesellschaftlichen Reformen, für die Frauenrechte. Es gab den Umstieg von der Haushaltsbesteuerung auf eine individuelle und die Abtreibungsfrage wurde gelöst. Auf der Negativseite gebe es die Auseinandersetzung mit Simon Wiesenthal und der geplante Bau des AKW Zwentendorf, der dann vom Volk korrigiert worden sei, so Glawischnig.

Bucher: Zwiespältige Bilanz

Zwiegespalten auch die Beurteilung von Josef Bucher vom BZÖ. Er lobt ebenfalls gesellschaftlichen Fortschritt und kritisiert die Staatsverschuldung unter Kreisky. Er habe viele soziale Errungenschaften eingeführt. Allerdings habe er auch die Schuldenentwicklung vorangetrieben, woran Österreich noch heute leide.

Herausragender Politiker

Doch einige Kritik also auch an der historischen Figur Bruno Kreisky von den heutigen Parteichefs - einig sind sich aber alle in der Einschätzung, dass es sich bei Kreisky um einen herausragenden Politiker Österreichs gehandelt habe.

Morgenjournal, 22.01.2011

Festakt zum 100. Geburtstag von Bruno Kreisky,