Zirkel um Mubarak hat profitiert

Wirtschaftsboom für Wenige

Die Armut und die Sorge, keine Arbeit zu finden, treibt viele junge Ägypter in diesen Tagen auf die Straße. Und das obwohl Ägypten eigentlich in den letzten Jahren einen enormen wirtschaftlichen Boom erlebt hat. Das Problem ist, dass von diesem Boom nur ganz wenige Ägypter profitiert haben, sagt der österreichische Handelsdelegierte Kurt Altmann, der kurzfristig nach Wien zurückgekehrt ist.

Mittagsjournal, 01.02.2011

Zu wenig Arbeit für zu viele Menschen

Viele junge ägyptische Männer sind verzweifelt. Wenn sie keine Arbeit finden, so denken viele, können sie auch nicht heiraten und Familien gründen. Der Zorn, aber auch die Hoffnung auf eine bessere Zukunft, treibt sie auf die Straße.

Aber warum gibt es eigentlich zu wenig Arbeit? Denn eigentlich boomt ja die Wirtschaft seit 2004. Der österreichische Handelsdelegierte Kurt Altman in Kairo schildert das Dilemma: das Problem sei, dass das Land pro Jahr 700.000 Arbeitsplätze schaffen müsse bei einer Bevölkerung, die jährlich um 1,5 Millionen Menschen wachse. Man müsste, um die Arbeitslosigkeit von offiziell 10, inoffiziell 20 Prozent zu halten, ein Wirtschaftswachstum von sechs Prozent erzielen. Das sei durchaus realistisch bisher gewesen, sei aber jetzt dahin.

Wirtschaftsboom seit 2004

Der Wirtschaftsboom der letzten Jahre hat viele Facetten: der Tourismus ist eine der Haupteinnahmequellen des Landes und einer der wichtigsten Arbeitgeber. Ägypten exportiert auch Energie, Erdöl und Gas. Das Land profitiert auch von den Handelsströmen über den Suezkanal, vor allem von Öltransporten. Auch die Mobilfunkindustrie ist stark gewachsen, die Firma Orascom ist mit dem Handybetreiber MobiNil Marktführer in Nordafrika - auch die Bauindustrie boomt, sowie der Autosektor. Die einfachen Leute habe wenig davon gespürt, die Inflation ist mit 20 Prozent sehr hoch, ein Kilo Äpfel kostet etwa fünf Dollar.

Die Lebensmittelpreise steigen weil Ägypten eigene gute landwirtschaftliche Produkte exportiert, sagt Altmann, und weil die Nachfrage so rasant steigt.

Günstlingswirtschaft und Korruption

Eines der Hauptprobleme der ägyptischen Wirtschaft ist aber die Korruption. Darüber reden Experten nur hinter vorgehaltener Hand, etwa dass Anhänger und Günstlinge von Präsident Mubarak Aufträge und Jobs bekommen und andere Mitbewerber nicht zum Zug kommen. Altmann sagt dazu, bestimmte Leute hätten keinen Zugang zu Jobs. So sind die Einnahmen aus dem Wirtschaftsboom wahrscheinlich in den Taschen weniger Personen verschwunden.

Geringe Bildung, hohe Bürokratie

Außerdem hat die Regierung Mubarak zu wenig in Infrastruktur, Gesundheitssystem und Bildung investiert, viele Ägypter können nicht lesen oder schreiben, sagt Altmann. Auch die enorme Bürokratie war und ist ein Hindernis für die ägyptische Wirtschaft, sagt Altmann, trotz einiger Reformen unter Mubarak sei es für ausländische Unternehmen immer noch eine Herausforderung in Ägypten Geschäfte zu machen.

Aber ohne Investoren wird Ägypten die Jobs nicht schaffen können, die es braucht um der Bevölkerung eine Chance auf Arbeit zu geben.

Politische Stabilität überfällig

Altmann sagt, es müsse jetzt politisch rasch Stabilität hergestellt werden: wenn das Vertrauen in die Ordnungsmacht nicht besteht, wird nicht investiert und es kommen keine Touristen.

Oberste Priorität sei jetzt die Sicherheit wieder herzustellen, damit die Menschen überhaupt wieder zur Arbeit gehen können, sagt Altmann.