Langzeitstudie an Wiener Volksschulen
Aus Fehlern lernt man – nichts
Aus Fehlern lernt man? Diese vermeintliche Weisheit widerlegt eine Langzeitstudie: und zwar hinsichtlich der Rechtschreib- und Rechenfehler von Schulkindern. Das Ergebnis: Werden Fehler wie üblich markiert, lernen die Kinder daraus wenig.
8. April 2017, 21:58
Fehlermarkierung verwirrt Kinder
Die Wiener Sigmund-Freud-Privatuniversität hat in ausgewählten Volksschulklassen in Wien getestet, wie effektiv herkömmliche Fehlerkorrekturen sind. Was in Management-Kursen und beim Sport-Training Usus ist, bestätigt nun die psychologische Studie für den Schul-Unterricht: positiv und wertschätzend motivieren, Stärken betonen.
Hingegen: Fehler im Rechenheft oder im Aufsatz mit Rotstift zu markieren, verwirre die Kinder mehr als es ihnen helfe, sagt die Psychologin und Psychotherapeutin Brigitte Sindelar von der Sigmund Freud Privatuniversität Wien.
Und zweitens: "Beim Wort, bei dem ein Fehler hervorgehoben wird, speichert das Kind das falsch geschrieben Wort als Bild im Gedächtnis besonders gut ab. Wenn es dieses Wort wieder schreibt, dann taucht ihm, natürlich, dieses besonders gut markierte Bild im Kopf auf, ohne dass das Kind in diesem Augenblick weiß, dass dieses Wort falsch ist", sagt Sindelar.
Fehlerbetonung ist demotivierend
Zudem sei das Betonen der Fehler für Kinder demotivierend, ebenso Sätze wie "Du musst fleißiger üben"."Die Kinder werden durch die Fehlermarkierung dauernd mit ihren Misserfolgen konfrontiert und zu einer misserfolgs- und versagensorientierten Haltung erzogen, die sich auf die Entwicklung der Lernmotivation negativ auswirkt."
Sindelar hat das mit einer Studie belegt: bei 250 Kindern in vier Wiener Volksschulen wurden vier Jahre lang nicht die Fehler in den Heften hervor gestrichen, sondern alle richtigen Schreibweisen, alle richtigen Antworten und Rechnungen betont und gezählt.
Daneben gab es eine Kontrollgruppe, in der die Kinder wie üblich auf ihre Fehler hingewiesen wurden. Im Vergleich, so die Studienautorin, schnitten die positiv bestärkten Kinder letztlich besser ab.
Nun möchte Sindelar die Lehrkräfte von der "fehler-freien" Korrekturmethode überzeugen - mit dem Hinweis, dass kein zusätzlicher Aufwand nötig wäre. Wie gesagt lautet das Prinzip: positiv motivieren.