Das Beispiel Pillichsdorf

Ohne Freiwillige kein Dorfleben

An diesem Mittwoch beginnt das europäische Jahr der Freiwilligenarbeit. Es soll auf deren Bedeutung für die Gesellschaft hinweisen und auch ein wenig dafür werben. Ehrenamtliches Engagement findet oft im Alltag statt, wie in einem kleinen Dorf wie Pillichsdorf, einer kleinen Gemeinde mit knapp 1.200 Einwohnern im südlichen Weinviertel.

Reportage aus Pillichsdorf

Mittagsjournal, 16.02.2011

Maurer im rastlosen Ruhestand

Gestern hat er noch geklopft und gehämmert, heute sitzt Josef Brückl mit seinen Freunden beim Pillichsdorfer Schurlwirt bei einem gemütlichen Kaffee. Seit zehn Jahren ist der 69jährige Maurer im Ruhestand, langweilig ist ihm aber nicht: jetzt bringt er die baufälligen Häuser der Gemeinde auf Vordermann - kostenlos. Für den Bürgermeister und den Pfarrer hat er den Schuppen im Pfarrhof ebenso renoviert wie das Innere der Dorfkirche, das Musikhaus, das Jugendheim, den Weinbauverein und das Haus des Tennisvereins.

Ehrenamt in der Freizeit

Auf ein, zwei Bier hat ihn auch Brigitta Bareck schon eingeladen. Sie ist im Vorstand des Tennisvereins, der im Vorjahr von einigen engagierten Pillichsdorfern in Eigenregie renoviert worden ist. Im örtlichen Tennisverein ist Brigitta Bareck Vorstand, Buchhalterin, Organisatorin, Putzfrau und Haushälterin in einem. Ihre ehrenamtliche Arbeit nimmt praktisch ihre ganze Freizeit in Anspruch. Pro Woche sind das mindestens fünf bis sechs Stunden, sagt sie.

Institution Feuerwehr

Ganz und gar freiwillig, und das zu jeder Tages- und Nachtzeit, ist die Freiwillige Feuerwehr. Die ist immer und überall zur Stelle - egal, wo die Pillichsdorfer der Schuh drückt, sagt der Feuerwehrmann Michael Nürnberger. Feuerwehrkommandant Sepp Otti, Herr über 46 Pillichsdorfer Feuerwehrleute, verbringt neben seinem Hauptberuf rund elf Stunden pro Woche bei der Freiwilligen Feuerwehr. Die ist am Land eine nicht wegzudenkende Institution, sagt er.

"Das gehört eben dazu"

Stolz auf die engagierten Pillichsdorfer ist auch der Bürgermeister Wolfgang Gössinger. Ohne die vielen freiwilligen Helfer würde das soziale Leben in seiner Gemeinde anders aussehen. Die Feuerwehr, die Handwerker, die kulturellen Veranstaltungen, die Ortsmusik, das Schreiben der Gemeindechroniken, die Kinderbetreuung, die Dorffeste - all das wird von freiwillige Pillichsdorfern organisiert und umgesetzt. Die wenigsten verrichten ihre zusätzlichen Leistungen im Ort unter dem Blickpunkt der freiwlligen Arbeit - zu einem funktionierenden Dorfleben gehöre das eben dazu, sagen sie.

Wirtschaftsfaktor

Im internationalen Vergleich liegt Österreich übrigens im europäischen Spitzenfeld: Hierzulande engagieren sich drei Millionen Menschen in ihrer Freizeit ehrenamtlich. Pro Woche kommen so mehr als 14 Millionen Stunden zusammen, das entspricht rund 425.000 Vollzeitarbeitsplätzen. Freiwilligenarbeit ist also auch ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor.