127 Stunden in einer Felsspalte
Verfilmtes Bergdrama
Im Frühjahr 2003 ging die Geschichte des jungen Amerikaners Aron Ralston um die Welt, als dieser in einem schmalen Canyon im Nationalpark von Utah fünf Tage lang in einer Felsspalte eingeklemmt war. Nun hat Danny Boyle, der 2008 mit seinem Film "Slumdog Millionare" bei den Oscars triumphierte, das Überlebensdrama verfilmt.
8. April 2017, 21:58
Kultur aktuell, 18.02.2011
Als Actionabenteuer inszeniert
Nur er, seine Musik und die Natur. Wenn Aron Ralston in den Canyons unterwegs ist, in Höhlen oder Felsspalten, mit dem Mountainbike oder zu Fuß, dann allein. Niemand weiß, wo er ist, und das wird ihm schließlich zum Verhängnis, als er plötzlich in eine Felsspalte stürzt, und sein Arm von einem tonnenschweren Steinbrocken eingeklemmt wird.
Fast den ganzen Film lang hängt Hauptdarsteller James Franco in "127 Stunden" an einem Seil in einer schmalen Felsspalte, in die nur einige Minuten am Tag Sonnenlicht einfällt. Und trotzdem schafft es Danny Boyle, diesen Film als rasantes Actionabenteuer zu inszenieren. Für ihn sei es von Anfang an klar gewesen, dass dieser Film ein Actionfilm sein müsse, so Boyle, auch, wenn der Protagonist hier allein auf engstem Raum agieren muss. Es sei diese Lebensstärke, der unbedingte Willen zu überleben, den er zeigen wollte.
Hektik vs. Einsamkeit
Boyle arbeitet dabei immer wieder mit Kontrasten. Zu Beginn stellt er im Splitscreen die Einsamkeit Ralstons in der freien Natur Menschenmassen in Stadien und Städten gegenüber, steigert in rasanten Abfahrten und Sprüngen entlang der Canyons das Tempo um plötzlich wieder abzubremsen und alterniert Detailaufnahmen mit weiten Landschaftspanoramen. Boyle schafft damit eine Dynamik, die die Spannung im Film ständig aufrecht erhält.
Kino, so Boyle, funktioniere großteils über eye-matches, den wechselnden Schnitt zwischen den sich unterhaltenden Personen. Ralston war aber allein, also versuchte er über eine zweite Kamera einen Identifikationsraum für den Zuschauer zu schaffen.
Grußbotschaften per Video
Ralston hat während der 127 Stunden in der Felsspalte kaum Wasser und Nahrung. Er bekommt Halluzinationen, denkt an die zwei jungen Frauen, die er kurz zuvor noch getroffen hat, seine Ex-Freundin und seine Kindheit. Dazwischen filmt er sich selbst, richtet Grußbotschaften an seine Eltern und seine Freunde. Mit diesen Videos, so Aron Ralston, habe er in seiner Isolation versucht, eine Verbindung zu diesen Menschen herzustellen.
Zuerst improvisiert sich Ralston in der Felsspalte noch einen Flaschenzug und versucht, mit einem Messer den Stein abzumeißeln. Aber als er schließlich merkt, dass ihm keine Alternative bleibt, bricht er sich den Arm, um anschließend mit einem stumpfen Messer Fleisch, Muskeln und Sehnen zu durchtrennen.
"127 Stunden" bleibt, obwohl man den Ausgang dieser beeindruckenden Geschichte kennt, immer spannend. Boyles Inszenierung ist dabei zwischen Schnitt, Kamera und Farbgebung aber manchmal etwas zu verspielt. Bei den Oscars, die nächsten Sonntag in Los Angeles vergeben werden, gilt "127 Stunden" wohl auch deshalb, trotz seiner sechs Nominierungen, nur als Außenseiter.
ORF.at - 127 Stunden in 93 Minuten