Kunst mit politischer Komponente

Gavin Turk in der Galerie Krinzinger

Am Donnerstag, 24. Februar 2011 wird in der Wiener Galerie Krinzinger eine Schau mit Werken von Gavin Turk eröffnet. Turks Skulpturen und Bilder haben eine starke politische Komponente. Er betreibt in England eine Organisation für die kreative Schulung von Kindern und Erwachsenen.

In der britischen Kunstwelt wissen alle, was das Kürzel YBA bedeutet. YBA wie Young British Artists. Das war Anfang der 1990er Jahre eine Generation von damals jungen Künstlern, die mit spektakulären Arbeiten zu Weltruhm und großer Popularität in der Bevölkerung kamen - allen voran Damien Hirst mit seinem Hai in Formaldehyd. Zu den Young British Artists zählte auch Gavin Turk.

Mittagsjournal, 22.02.2011

Harte Fakten

Schlafsäcke können verdammt hart sein - jedenfalls die von Gavin Turk. Die sind nämlich aus bemalter Bronze. Sie sehen allerdings täuschend echt aus - wie die vergammelten Schlafsäcke von Londoner Obdachlosen. Tagsüber sieht man diese Straßenbetten oft verwaist, in Hauseingängen. Turks Schlafsäcke aus Bronze liegen auf den Böden von Kunsträumen wie buchstäblich harte Fakten. So appellieren sie an die Besucher, sich mit verantwortlich zu fühlen für Benachteiligte in der Gesellschaft.

Einen vom Alkohol schwer gezeichneten Sandler ließ Gavin Turk als Wachsfigur anfertigen - mit seinen eigenen Gesichtszügen. Den Sandler kaufte ein amerikanischer Sammler, der eine Bank oder einen Hedgefonds besitzt. Er stellte die Figur im weiträumigen Spiegelglasfoyer seiner Firmenzentrale in Manhattan auf. So mischt sich der täuschend echt wirkende Sandler unter die gut gekleideten Kunden.

Bronzener Aschehaufen

In der Wiener Galerie Krinzinger zeigt Gavin Turk keine Menschenskulptur. Dafür einen bronzenen Aschehaufen, ungefähr so groß wie von einem eingeäscherten Menschen. An der Wand hängt eine Weltkarte, weiß in weiß, wie aus abblätterndem Putz - als ob unsere Erde ausbleichen und einfach verschwinden würde. Gavin Turk liefert Bilder, die gut zur europäischen Angst vor Identitätsverlust passen. Zur Furcht vor dem Verschwinden des Eigenen im viel geschmähten Multikulti.

Turk ortet eine massive Nostalgie - als ob unser Leben heute weniger wäre als in irgendeiner historischen Epoche. Aber immer, wenn sich neue Perspektiven auftun und Leute massenhaft diesen Perspektiven entgegen strömen, bleibt etwas Altes auf der Strecke. Natürlich macht es Angst, wenn die Veränderungen zu schnell gehen - aber manchmal muss man sich eben in unbekannte Gewässer wagen.

Künstlerische Aktivitäten mit Schulklassen

Neben seiner künstlerischen Karriere betreibt Turk mit seiner Frau einen Verein, der künstlerische Aktivitäten mit Schulklassen, aber auch Erwachsenen setzt. An Workshops, Aufführungen und ähnlichem waren im vergangenen Jahr an die 20.000 Leute beteiligt. "House of Fairytales", Haus der Märchen, nennt er das Projekt. Für ihn ein guter Ausgleich zum doch elitären Kunstbetrieb.

Service

Gavin Turk, Galerie Krinzinger, 25. Februar bis 26. März 2011

Gavin Turk
Galerie Krinzinger