Bandion-Ortner gibt Kritikern in manchen Punkten Recht
"Justiz soll offener kommunizieren"
Soll das Amtsgeheimnis in Österreich gelockert werden? Justizministerin Claudia Bandion-Ortner hat in der Radiosendung "Im Klartext" diesen Vorschlag gemacht. Und zwar als Reaktion auf Strafprozesse der letzten Zeit. Beim Koalitionspartner SPÖ wird der Vorschlag begrüßt. Bei der Opposition stößt er auf unterschiedliche Reaktionen.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 24.02.2011
Anselm Peer
Mehr Teamarbeit geplant
Wirtschaftsprozesse, die jahrelang dauern – wie etwa der "Libro-Prozess" - dürfe es in Zukunft nicht mehr geben, sagt die Justizministerin. "Zehn Jahre für ein Ermittlungsverfahren, das ist ein Wahnsinn", so Bandion-Ortner. Sie werde dafür sorgen, dass sich das ändere, versprach die Ministerin.
Sieben Staatsanwälte befassen sich zurzeit mit Wirtschaftskorruption. Bis 2013 sollen es 40 Staatsanwälte sein. Die Justizarbeit solle künftig im Team erledigt werden, damit laufende Ermittlungen nicht ins Stocken geraten, wenn ein Staatsanwalt ausfalle. Damit könne mehr Kontinuität gewährleistet werden. Wenn einer aus privaten Gründen ausscheide oder etwa eine Staatsanwältin ein Kind bekomme, könnten die anderen Mitarbeiter zügig weiterermitteln, so die Justizministerin.
"Medienarbeit verbessern"
Auch an der Medienarbeit der Justiz müsse dringend etwas geändert werden. Als Beispiel nennt die Ministerin den Tierschützerprozess in Wiener Neudtadt. Man könne über die Verhandlungsführung der Kollegin streiten, räumte Bandion-Ortner ein, "aber die Maschinerie von Verteidigern macht das sehr geschickt und geht offensiv in die Medien. Die Richter und Staatsanwälte können und dürfen das nicht." Man überlege bereits, das Amtsgeheimnis neu zu definieren.
In der Vergangenheit habe das Misstrauen der Justiz gegenüber den Medien dazu geführt, dass zu sehr abgeblockt wurde und man sich zu sehr auf die Amtsverschwiegenheit berufen habe. "Ich möchte, dass wir hier offener kommunizieren", ließ Bandion-Ornter wisse. Dazu gehöre auch eine bessere Schulung der Pressesprecher.
Mafiaparagraph: "Darüber kann man streiten"
Über den "Mafiaparagraphen" 278a, der im Fall der Tierschützer angewendet wird, könne man streiten, meint Bandion-Ortner. Einen konkreten Handlungsbedarf sieht die Justizministerin aber nicht.
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Mittagsjournal, 24.02.2011
"Rasche Einigung"
Bei den Sozialdemokraten findet man den Vorschlag, das Amtsgeheimnis neu zu definieren, gut: Justizsprecher Hannes Jarolim sagt, seine Partei fordere das ohnehin schon länger. Man werde hier rasch eine Einigung mit dem Koalitionspartner ÖVP finden. Es gäbe seit Längerem eine Diskussion über das "Informationsfreiheitsgesetz", so Jarolim. Dabei gehe es darum, die derzeitige Geheimhaltung auf besonders berücksichtigungswürdige Dokumente zu beschränken. Davon abgesehen sollte laut Jarolim seitens der Öffentlichen Hand absolute Transparenz nach außen herrschen.
"Hochhaltung des Amtsgeheimnisses überdenken"
Auch die Grünen sind für den Vorschlag der Justizministerin. Der sei absolut sinnvoll, sagt der Grüne Justizsprecher Albert Steinhauser: "Ich würde es nur nicht auf StaatsanwältInnen und RichterInnen beschränken." Man sollte die generelle Hochhaltung des Amtsgeheimnisses überdenken, fordert Steinhauser:"Auskunftserteilung sollte die Regel werden, Amtsverschwiegenheit die Ausnahme." Das hätte auch den Vorteil, dass die Verwaltung besser durch die Öffentlichkeit kontrolliert werden könnte, so der Grüne Justizsprecher.
FPÖ gegen Lockerung des Amtsgeheimnisses
Grundsätzlich ist auch der Justizsprecher der Freiheitlichen, Peter Fichtenbauer, für eine bessere Kommunikation der Justiz mit der Öffentlichkeit. Am Amtsgeheimnis will er aber nicht rütteln.
Eine Lockerung oder Durchlöcherung des Amtsgeheimnisses oder der Verschwiegenheitspflicht komme für ihn nicht in Frage, betont Fichtenbauer. Das Amtsgeheimnis sei ein absoluter Eckpfeiler des Rechtssystems und könne nicht aufgehoben werden, so der Justizsprecher der Freiheitlichen.
BZÖ: "Merkwürdiger Vorschlag"
Auch Herbert Scheibner, der stellvertretende Klubobmann des BZÖ, ist gegen ein Lockern des Amtsgeheimnisses: "Das ist ein merkwürdiger Vorschlag", kommentiert Scheibner den Vorstoß der Justizministerin. Bandion-Ortner solle dafür sorgen, "dass das Justizministerium nicht immer mehr zu einer Informationsgießkanne verkommt", so Scheibner. Schließlich würden in brisanten Verfahren täglich vertrauliche Informationen an die Öffentlichkeit gelangen. Die Justizministerin solle sich vielmehr um undichte Stellen in der Justiz kümmern, sagt Scheibner. Es gehe auch darum, unbeteiligte Personen zu schützen.