Irland wählt ein neues Parlament

Wahlen zwischen Zorn und Resignation

In Irland steht am Freitag die Neuwahl des Parlaments bevor - und in gewisser Weise ein historischer Umsturz. Die seit Jahrzehnten regierende Fianna Fail-Partei wird möglicherweise zur Kleinpartei reduziert. Die Banken- und Wirtschaftskrise hat Irland an den Rand des Ruins gedrängt. Die Stimmung im Wahlvolk könnte gar nicht schlechter sein.

Mittagsjournal, 24.2.2011

Depression und Alkohol

Am Rande des Dorfes Julianstown, im Pendlergürtel der Hauptstadt Dublin, füttert die Krankenschwester Kate ihre Hühner. Die Sparmaßnahmen des irischen Staates haben sie bisher etwa ein Siebtel ihres verfügbaren Einkommens gekostet.

Sie habe nicht vom Wirtschaftswunder profitiert, sie habe sich nicht bereichert und schon gar nicht sei sie schuld am Kollaps, sagt Kate. Dass der Staat sich jetzt so hoch verschulde, um fahrlässige Banken zu retten mache sie zornig. In ihrem beruflichen Alltag sieht sie mehr Depressionen und mehr Alkoholmissbrauch, erzählt sie.

Bevölkerung bezahlt für Banken

Seit der Internationale Währungsfond (IWF) und die europäische Union vor drei Monaten die Finanzierung Irlands übernahmen, ist das Land zu jahrelangem Sparen verurteilt. Rund 50 Milliarden Euro - gleich viel, wie die Staatsausgaben eines ganzen Jahres wurden bereits den Banken versprochen. Dafür wird die ewige Regierungspartei Fianna Fail am Freitag an der Urne hart bestraft werden.

Konservativ oder Konservativ?

Aber es droht kein politisches Abenteuer. Extremisten sucht man in Irland vergeblich. "Wir haben nur zwei Sorten von Parteien: Konservative und Konservative", sagt der arbeitslose Architekt Matthew Lambert philosophisch. In der Tat: Fine Gael, ebenfalls eine Zentrumspartei wird vermutlich die neue Regierung führen, höchstwahrscheinlich mit der überaus gemäßigten Labour Partei.

Die Jungen wandern aus

Irlands Exporte blühen bereits wieder. Das Land verdient Geld. Aber der einheimischen Wirtschaft geht es miserabel. Wegen der Rezession und der Bankenmisere benutzen die Leute keine Taxis mehr, klagen ein Taxifahrer. Sein Umsatz hat sich halbiert, er ist im Verzug mit seiner Hypothek und sucht jetzt eine Teilzeitarbeit. In seinem Wagen hört er zu, wie die Passagiere die Auswanderung planen. Es sei herzzerbrechend, sagt er, denn gerade den jungen Leuten wurde jede Hoffnung geraubt.

So ist diese Wahl von Zorn und Resignation geprägt. Mit der Aussicht auf viele magere, ohnmächtige Jahre.