Neu gestaltet von Daniel Libeskind

Militärmuseum in Dresden

Stauffenbergstraße, Ecke Olbrichtplatz: Hier, im Norden Dresdens steht das neue Militärhistorische Museum der deutschen Bundeswehr. Mit allem was dazu gehört: Panzern, Zinnsoldaten, Starfightern und sogenannten Vergeltungswaffen.

Herr zu Guttenberg wird sich als Minister zwar nicht mehr an dem Museum erfreuen können, aber nach einer knapp fünfjährigen Umbau- und Erweiterungsphase ist das Arsenalgebäude jetzt fertiggestellt worden. Der amerikanische Architekt und Museumsspezialist Daniel Libeskind hat den militärisch strengen Altbaukörper neu gestaltet:

"Das Gebäude ist ein bedeutendes militärisches Symbol", meint Libeskind. "Es diente im 19. Jahrhundert als Arsenal und Militärmuseum. Sogar unter den Nazis und den Kommunisten in Ostdeutschland wurde es als Museum genutzt. Als der Wettbewerb für den Umbau des Museums ausgeschrieben wurde, erwartete jeder, dass man auf der Rückseite des Arsenals bauen würde. Aber ich dachte mir: Warum sollte man das Militärgebäude verstecken?"

Deutschland sei ein modernes demokratisches Land, so Libeskind weiter. "Die Deutschen müssen ihre Geschichte annehmen und das militärgeschichtliche Museum als etwas Positives verstehen! Deshalb habe ich mich dafür entschieden, vorne durch die Front des Arsenals einen gläsernen Keil zu treiben. Das ist wichtig für Dresden."

Glaskeil im Museum

Mit seinem Dresdner Bau will Libeskind auf Stabilität oder Brüchigkeit der Weltlage anspielen. Libeskind hat einen riesigen Keil entworfen: ein gläsernes V, das den Altbau förmlich rammt, von oben bis unten durchdringt und gleichzeitig in die Dresdner Innenstadt weist. Dorthin, wo alliierte Flugzeuge gegen Ende des Zweiten Weltkriegs ihre Bomben abgeworfen hatten.

"Der Keil ist transparent. Er verdeckt das historische Gebäude nicht", so Libeskind über seinen Entwurf. "Die Mauern des alten Arsenals sind vollständig erhalten geblieben. Der Glaskeil ist lediglich ein zusätzliches Element, eine Art Observatorium, das den Besucher vom Erdgeschoß nach oben führt. Im obersten Stockwerk gibt es ein begehbares Dach, von dem man die ganze Stadt überblicken kann. Es geht um die Zerstörung Dresdens während des Zweiten Weltkriegs, den Wiederaufbau, und darum, dass die Militärgeschichte eine große Bedeutung für die Stadt hat."

"Das Militär ist Teil unserer Demokratie"

Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Gebäude in der Dresdener Albertstadt errichtet. Kritikern galt es jahrzehntelang als schnöde Militaria-Sammlung, als Museum ohne Aussage, dem Libeskind jetzt eine neue Bedeutung zuweisen möchte:

"Viele Leute meinen, man sollte sich nicht mit dem Militär beschäftigen", sagt er. "Ich sehe das völlig anders. Das Militär ist Teil unserer Demokratie. Das gilt für Deutschland, die USA, Großbritannien und Frankreich. Es gibt Kriege in Afghanistan, im Irak. Vor diesen Auseinandersetzungen können wir nicht die Augen verschließen, besonders nicht in Deutschland mit seiner Vergangenheit und den Verbrechen während des Zweiten Weltkrieges. Es ist wichtig, dass die Leute verstehen: Das Deutschland von heute ist anders als das von gestern. Und in diesem Museum mit ihren Sammlungen, die bis ins Mittelalter zurückreichen, kann man erkennen, dass Geschichte eben nichts Statisches ist und dass jeder einzelne Bürger eine Verantwortung trägt."

V2 gegen Puppenstube

Auch inhaltlich und ausstellungstechnisch wurde das Museum umgebaut. Man geht etwa der Frage nach, wie viel Militaristisches im Alltag existiert: im Sprachgebrauch, in der Mode und in der Wissenschaft. Es soll keine Leistungsschau deutschen Soldatentums sein, keine Siegesallee, sondern ein Haus der kritischen Reflexion, betont Gorch Pieken, wissenschaftlicher Leiter für die Neugestaltung der Ausstellung.

So ist zum Beispiel in einer Halle eine V2-Rakete aus dem Zweiten Weltkrieg aufgebaut. Es wird aber nicht nur die Technikgeschichte erzählt, sondern auch "das andere Ende der Parabel, die die Flugbahn beschreibt, also die Toten", so Pieken. Durch die V-2 seien mehr Menschen – Zwangsarbeiter - ums Leben gekommen als durch die Waffe selbst, so Pieken weiter. Im Konzentrationslager Mittelbau-Dora wurde ab 1943 die sogenannte "Vergeltungswaffe" V2 hergestellt. Etwa 20.000 Zwangsarbeiter fielen den mörderischen Arbeitsbedingungen der Nationalsozialisten zum Opfer.

Mit Sichtbezug zu dieser 16 Meter hohen Waffe steht die Puppenstube eines Mädchens, das 1944 in London gelebt hat und ihre Puppenstube kriegstauglich gemacht hat. "Sie hat die Fenster ihrer Puppenstube schwarz angemalt, kleine Sandsäckchen vor die Fenster und Türen gelegt", und anderes mehr. "An dieser Stelle ist aus Spiel Ernst geworden, ist der reale Krieg in das Kinderzimmer dieses Mädchens gekommen", erzählt Pieken.

Krieg und Gesellschaft

Bereits 2003 hatte der in Polen geborene Architekt Daniel Libeskind ein Kriegsmuseum gebaut: das Imperial War Museum North in Manchester. Der Bundeswehrauftrag berührt auch Libeskinds eigene Biografie: Seine jüdische Familie wurde während des Holocausts von den Deutschen ermordet.

"Das ist kein Museum, das militärische Konflikte glorifiziert", betont Libeskind. "Dies ist ein Museum, in dem man lernt, warum Kriege so bedeutsam sind. Krieg ist nicht etwas, was nur Soldaten betrifft. Konflikte kann man nicht von der Gesellschaft trennen. Wir müssen aus ihnen lernen. Andernfalls sehe ich schwarz für unsere Zukunft."

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