Kinderpoträts in der Kunsthalle Krems

Von Engeln & Bengeln

Mit 140 Gemälden, grafischen Arbeiten, Skulpturen und Videos von 92 Kunstschaffenden schlägt diese Schau eine Brücke von der Renaissance bis in die Gegenwart und stellt zugleich nicht nur kunstgeschichtliche Zusammenhänge sondern auch deren geistes-, kultur- und sozialgeschichtliche Hintergründe in den Vordergrund.

Kultur aktuell, 04.03.2011

Auf den ersten flüchtigen Blick chronologisch aufgebaut, wird die Schau vor allem durch die gekonnten Brüche spannend. Eben verschiedene Epochen didaktisch ansprechend miteinander zu verbinden, das ist die große Stärke der Kunsthalle Krems. Genau in dieser Richtung will auch Hausherr Hans-Peter Wipplinger weiterarbeiten. Gemeinsam mit Nicole Fritz hat er diese Ausstellung kuratiert. Immerhin konnten 52 renommierte Leihgeber, die ja von der Kunsthalle mangels eigener Sammlung keine Gegenleistung zu erwarten haben, überzeugt werden, allen voran die mallorcinische Sammlung Yannick und Ben Jacobér.

Alte Meister heutigen Künstlern gegenübergestellt

Schon vor dem ersten Saal, der sich vor allem dem höfischen Kinderporträt der Alten Meister widmet, wird der Besucher von einer Videoinstallation des heurigen Biennale-Künstlers Markus Schinwald empfangen. Eine Arbeit, die den Kinderkreuzzug von 1212 und den Rattenfänger von Hameln thematisiert und damit drastisch die "Instrumentalisierung des Kindes zu allen Zeiten" vorführt.

Im ersten Saal dann frühe, höfische Kinderporträts aus dem 16. Jahrhundert. Allerdings zeitgenössisch durchbrochen, wenn zum Beispiel Kinderwaffen aus dieser Zeit einer Lego-MP von Manfred Erjautz gegenübergestellt werden - zeitgenössische Interferenzen, die das Auge des Betrachters zum Nachdenken anregen sollen, "wie mit dieser skulpturalen Arbeit von Simon Schubert, die drei Mädchen in weißen, unbefleckten Kinderkleidchen zeigt, aber ohne Gesichter, weil die Haare den ganzen Kopf bedecken", so Wipplinger. "Es sind so kleine, feine Metaphern, wo wir versuchen, kunsthistorisch frühere Jahrhunderte sozusagen frisch zu belüften und neu zu betrachten."

Einfluss von Jean-Jacques Rousseau

Dieses Konzept zieht sich quer durch über das 18. Und 19. Jahrhundert, als streng inszenierte repräsentative Kinderporträts von natürlicheren, vor allem vom Bürgertum geprägten Kinderdarstellungen verdrängt werden - getragen nicht zuletzt auch von einem neuen Kinderbegriff nach Jean-Jacques Rousseau. Veranschaulicht an Beispielen etwa von Joshua Reynolds oder Ferdinand Georg Waldmüller.

Weitere spannende Gegenüberstellungen von Werken etwa von Lovis Corinth und Paula Modersohn-Becker, oder auch Oskar Kokoschka und Pablo Picasso führen langsam in die Gegenwart, in der das konkrete Porträt deutlich einer Darstellung des Kindes im Künstler selbst beziehungsweise der Rolle des quasi namenlosen Kindes im Heute weicht. Veranschaulicht an Werken unter anderem von Judy Fox, Martin Honnert oder Maja Vukoje.

Bilder von Bildern

Kokuratorin Nicole Fritz ergänzt noch eine weitere auffallende Parallele, nämlich "dass jetzt Künstler bestehende Bilder eigentlich hinterfragen. Sie machen Bilder von Bildern. Sie reflektieren Kinderporträts in den Medien und sie reflektieren Kinderporträts der Kunstgeschichte."

Sicher zeigt die Schau nur einen kleinen Teil aus einem riesigen Themengebiet - aber allein schon durch die Präsentation dieser sehr wohl stattlichen Auswahl liegt die Spannung eben in den vielen großen Fragen, die aufgeworfen werden auf einer Zeitreise kreuz und quer durch die Kunstgeschichte der Neuzeit.

Textfassung: Ruth Halle

Service

Kunsthalle Krems

"Von Engeln & Bengeln", 6. März bis 3. Juli 2011, Kunsthalle Krems,
Ö1 Club-Mitglieder bekommen ermäßigten Eintritt (20 Prozent).