Schwer kranke Frau soll zurück nach Polen
Wieder strittige Abschiebung
Nach dem Fall der Familie Komani machen die Aktivisten im Freunde-Schützen-Haus jetzt auf den Fall einer tschetschenischen Familie aufmerksam. Dienstagfrüh soll eine Frau mit ihren beiden Söhnen nach Polen abgeschoben werden. Die Frau ist psychisch schwer krank und kann nicht abgeschoben werden, sagen die Betreuer und Amtsarzt.
27. April 2017, 15:40
Mittagsjournal, 07.03.2011
Konnte bisher nicht abgeschoben werden
Seit fünf Jahren ist die Frau mit ihren beiden Söhnen in Österreich. Viereinhalb Jahre lang hat Österreich gebraucht, um festzustellen, dass die Familie ein sogenannter Dublin-Fall ist, dass also Polen für das Asylverfahren zuständig ist, kritisiert ihre Rechtsberaterin Karin Klaric. "Die Problematik ist, dass sich die Familie seit fünf Jahren in Österreich befindet, weil die Mutter quasi abschiebe-unfähig ist. Es gab immer wieder Abschiebeversuche, aber immer wieder wurde die Mutter aufgrund ihrer schweren psychiatrischen Erkrankung nicht abgeschoben. Es wurde vom Amtsarzt festgestellt, dass man sie nicht abschieben kann", sagt Klaric.
Abschiebetermin ohne Erklärung
Insgesamt sei das sechs Mal festgestellt worden, zuletzt eben im Dezember. Im Februar sollte die Frau wieder vom Amtsarzt untersucht werden, so Klaric. Wegen einer Grippe habe sie sich dort aber entschuldigt. Der Verein ging davon aus, dass die Frau eine neuerliche Ladung zum Amtsarzt erhalten wird. Aber das ist nicht passiert. "Sondern es ist uns wieder kommentarlos ein Abschiebetermin zugestellt worden, ohne sich zu überlegen, wie erklärt man das den Kindern, ohne unserem Verein irgendeine psychologische Betreuung zur Seite zu stellen und obwohl man weiß, wie schwer die Frau erkrankt ist", so die Rechtsberaterin.
Drängen auf Abschiebe-Stopp
Die kranke Frau muss vor einer Abschiebung geschützt sein, fordert Klaric. Sie kritisiert auch, dass sich seit der Aufregung um die Familie Komani an der Abschiebepraxis nicht viel geändert habe. Im Fall der Frau und ihren beiden Söhnen versuchen die Betreuer, die Behörden in letzter Minute umzustimmen. "Wir versuchen noch einmal klarzulegen, dass es der Frau sehr schlecht geht und haben noch einmal alle Befunde vorgelegt. Wir haben auch noch einmal die aktuelle Schulnachricht vom jüngeren Sohn und einen Obsorgebeschluss vorgelegt, in dem drinsteht, dass der ältere Sohn jetzt für den kleinen verantwortlich ist, weil die Mutter sich nicht kümmern kann, weil sie so schwer erkrankt ist."
Verfahren in Österreich entscheiden?
Außerdem fordern die Betreuer, dass Österreich das Asylverfahren übernimmt, obwohl Polen zuständig ist. Das ist rechtlich möglich. "Dann kann Österreich in jedem Fall selbst in das Verfahren eintreten und sagen, wir lassen sie da. Noch dazu, wo es solange gedauert hat, über die Zuständigkeit Polens bzw. die Rückführung nach Polen zu entscheiden und sich in der Zwischenzeit das Kind so gut integriert hat."
Noch keine endgültige Entscheidung
In einer Email wurde der Familie vor ein paar Tagen mitgeteilt, dass sie morgen früh abgeholt wird. Am Montagvormittag sagt das Innenministerium dazu: Rechtlich sei eine Abschiebung in Ordnung. Ob es tatsächlich dazu kommt, sei aber noch nicht entschieden. Die Wiener Fremdenpolizei wird den Fall am Montagnachmittag noch einmal besprechen.