Gelitin präsentierten junge Kreationen

Mode statt Hode

Die österreichische Künstlergruppe Gelitin ist international höchst erfolgreich und hat auch schon politischen Wirbel ausgelöst: nämlich als die Künstler 2003 im Salzburger Festspielbezirk einen speziellen "Triumphbogen" bauten. Ein riesiger nackter Mann aus Knetmasse formte eine Brücke und spritzte Wasser aus dem erigierten Glied. Die Plastik musste - auf ein Machtwort des Landeshauptmanns hin - entfernt werden.

So viel lustige Nacktheit bekam man nicht zu sehen, als Gelitin am 8. März 2011 in Wien zu einer Performance luden. "Mode statt Hode" hieß die Show in der Galerie Meyer Kainer. Gelitin gestaltete eine regelrechte Modeschau - mit Kreationen der Modeklasse Bernhard Wilhelm an der "Angewandten".

Kultur aktuell, 09.03.2011

Modenschau mit 100 Prozent Männerquote

Wie aufrechte Sardinen - so fühlten sich diejenigen, die es überhaupt in die Galerie Meyer Kainer geschafft hatten. Der enorme Andrang war nicht weiter erstaunlich: Kunst von der Gruppe Gelitin macht, bei souveräner Qualität, auch noch Spaß. Gleiches gilt für das exzentrische Clubwear des Modedesigners Bernhard Wilhelm. Kreationen seiner Modeklasse an der Angewandten wurden präsentiert - von den vier Gelitin-Mitgliedern, plus sieben weiteren "Models für einen Abend".

"Die Modelle werden ganz klassisch vorgeführt - nur die Leute, das sind alles Musiker, Schauspieler, Leute, die mit Fernsehen gearbeitet haben - die entwickeln eine andere Bühnenpräsenz als Models in einer normalen Modeschau", erklärt Florian Reither von Gelitin, bevor er zum Styling für die Show enteilt. Die Vierergruppe hat sich in der Vergangenheit bei Performances nackt mit Porree-Stangen auspeitschen lassen, ein 65 Meter langes rosa Häschen auf einem Bergrücken im Piemont platziert, und in Salzburg mit ihrem Wasser pinkelnden Plastillinriesen einen Skandal ausgelöst. Die gestrige Show "Mode statt Hode" war um einiges züchtiger angelegt.

Diesmal ein bisschen weniger nackt

"Weil wir eh immer damit assoziiert werden, dass wir uns ausziehen, haben wir uns gedacht, wir machen Mode statt Hode. Wir ziehen uns einmal an statt aus". Obwohl, viel hatte Florian Reither nicht an, als er als Erster den Catwalk betrat. An seiner modeldünnen Zwei-Meter-Figur war nichts als ein transparenter fleischfarbener Slip auszumachen. Später jedoch erschien er wie in einen Kokon eingesponnen, in einem überaus engen bunten Schlauch.

Am 8. März, dem internationalen Frauentag, wurde zumindest bei dieser Performance die Männerquote übererfüllt: Einmal setzten sich ausschließlich männliche Körper den Stielaugen der Gäste aus. Sie defilierten mit Witz und Würde in überwiegend weiblicher Mode. Wie dem Modeprofessor Bernhard Wilhelm die Show gefiel, sagte er uns nicht, denn er gibt keine Radiointerviews. Dafür äußerte sich einer seiner Studenten, dessen Modelle vorgeführt wurden, Marcus Karkhof: "Die ganze Show heute hatte einen total ironischen Zugang. Das sagte: 'Hey, nimm's nicht so ernst'. Aber man muss es sehr ernst nehmen, das Nicht-ernst-nehmen."

Ironie und Riesenhetz

In der Sparte "Modeskulptur für den Laufsteg" kam ein ausladender Kopfschmuck aus Mikadostäben genauso gut an, wie Sandalen mit Dekor in Form von Nashornskeletten, oder ein Kettenhemd aus schwarzen Kabeln. In der Sparte "tragbar" erfreute der Lodenmantel mit vier Ärmeln ebenso, wie ein Kleidchen mit Prunkkragen aus weißen Hemdsärmeln. Die Show war eine Auseinandersetzung mit Rollen - auch Geschlechterrollen -, die wir spielen, wenn wir Mode tragen. Und gleichzeitig, richtig zum Faschingsdienstag, eine Riesenhetz.

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Galerie Meyer Krainer - Mode statt Hode
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