Hearings heftig kritisiert

Diskussionen über radikale Muslime

Im US-Kongress in Washington startet eine Reihe extrem umstrittener Anhörungen zu dem Thema "Radikalisierung amerikanischer Muslime". Befürworter halten sie für notwendig, um Radikalisierung zu verhindern. Massive Kritik an den Hearings kommt von Menschenrechtsgruppen und Religionsvertretern, die von Diskriminierung und Islamfeindlichkeit sprechen.

Mittagsjournal, 10.03.2011

Bedrohung Terrorismus

Peter King steht im Zentrum der Kritik. Er wird etwa mit dem Kommunistenjäger Joseph McCarthy aus den 1950er Jahren verglichen, von einer Hexenjagd ist die Rede. Doch der republikanische Kongressabgeordnete hat eine Mission. "Ich bin ein Amerikaner der Gegenwart", sagt King, "einer, der realisiert welcher Bedrohung wir gegenüberstehen." Die Bedrohung ist seiner Meinung nach homegrown terrorism, also Terrorismus aus dem eigenen Land durch radikalisierte Moslems. Mit den hearings will King das Ausmaß der Radikalisierung und die Bereitschaft der muslimischen Gemeinden zur Zusammenarbeit mit den Behörden feststellen.

Schuldzuweisungen nach 9/11

Früher war King selbst gerngesehener Besucher einer Moschee in seinem Wahlbezirk auf Long Island, bis zu den Terrorattacken vom 11. September. "Das hat sich geändert als ich gesehen habe, wie die amerikanischen Muslime auf 9/11 reagiert haben. Nicht wie erwartet, sondern mit Schuldzuweisungen gegenüber Juden FBI oder CIA", sagt King. Auch er selbst spart nicht an Schuldzuweisungen: Mehr als 80 Prozent aller Moscheen in den USA würden von radikalen Predigern geleitet und Muslime würden nicht ausreichend mit den US-Behörden kooperieren.

Empörung von Seiten der Muslime

Diese Vorwürfe werden von den Vertretern der muslimischen Gemeinden empört zurückgewiesen. Naeem Baig Vizepräsident, der Islamischen Vereinigung Nordamerikas, sagt dazu: "Angeordneter King will uns überzeugen, dass diese hearings Amerika sicherer machen. Wir glauben, dass unbegründete Anschuldigungen und Vorverurteilungen nur Vorurteile verstärken und der Islamophobie Nahrung geben. Und damit die amerikanisch-muslimische Gemeinschaft in ernsthafte Gefahr bringen."

Justizminister mahnt

Auch von offizieller Seite wird gewarnt. US-Justizminister Eric Holder weist darauf hin, dass Leiter und Angehörige der muslimischen Gemeinden mit Hinweisen und wichtigen Informationen entscheidend dazu beigetragen hätten, "dass wir in den vergangenen zwölf bis 18 Monaten mehrere Anschläge rechtzeitig verhindern konnten."

Selbstkritik in den muslimischen Gemeinden

Doch auch in der muslimischen Gemeinde selbst gibt es vereinzelte Befürworter der umstrittenen hearings. Etwa die frühere Wall Street Journal Journalistin und Autorin Asra Nomani. Sie spricht von einer Verschwörung des Schweigens innerhalb der muslimischen Gemeinschaft: "Da ist kein großer Unterschied zur katholischen Kirche, die sich mit sexuellem Missbrauch auseinandersetzen muss. Es ist ja auch nicht jeder Priester schuldig. Genauso muss sich auch die muslimische Gemeinschaft mit sich selbst auseinandersetzen", sagt Nomani. Laut einer Studie der Duke Universität sei einer von drei mutmaßlichen Terroristen in den USA von Familien- oder Gemeindemitgliedern angezeigt worden. "Für mich viel interessanter ist, dass in zwei von drei Fällen ist nichts passiert", sagt die Journalistin Nomani.

Befürworter und Gegner der umstrittenen Anhörung haben sich schon vergangenes Wochenende bei Demonstrationen in New York Schreiduelle geliefert, die Auseinandersetzungen dürften in den kommenden Wochen noch hitziger werden.

Übersicht

  • Islam