Wien Museum zeigt die Pläne

Der Dombau zu Sankt Stephan

Der Wiener Stephansdom war nach seiner Fertigstellung im 15. Jahrhundert jahrzehntelang das höchste Gebäude Europas; über 300 Jahre wurde an ihm gebaut. Mit dem "Dombau von Sankt Stephan" befasst sich ab 11. März 2011 eine Ausstellung im Wien Museum am Karlsplatz.

Im Zentrum der Schau stehen Originalpläne aus dem Mittelalter, die die lange Baugeschichte des Doms dokumentieren. Dass die Planrisse in so großer Zahl erhalten sind, gilt als Sensation. Mit didaktischen Mitteln sollen die Dokumente einem breiten Publikum nahegebracht werden. Daneben sind auch Originalskulpturen und gotische Glasfenster zu sehen, die im 19. Jahrhundert durch Kopien ersetzt wurden und ins Museum kamen.

Kulturjournal, 10.03.2011

Fünf Meter langer Aufriss

Wie der Nordturm des Stephansdoms ausgesehen hätte, wenn er fertiggestellt worden wäre, lässt sich anhand einer Aufrisszeichnung aus dem Jahr 1465 erahnen. Über fünf Meter lang ist das Pergamentstück, auf dem bis zur kleinsten Fiale und Kreuzblume die geplante Gestalt des Nordturms aufgezeichnet ist. Es ist der wohl beeindruckendste aller Originalpläne, die von der Bauzeit des Stephansdoms erhalten sind. 294 solcher Planrisse existieren bis heute - so viele von keinem anderen gotischen Dombau. Warum das so ist, erklärt Michaela Kronberger, Kuratorin der Ausstellung "Dombau von Sankt Stephan":

"Ich glaube, dass das deshalb ist, weil die Dombauhütte zu St. Stephan ein sehr traditionelles Unternehmen war und dass sie sehr lange bestanden hat, so bis 1627 ungefähr. Danach wurde sie aufgelassen, und das ganze Planarchiv wurde dann erstmals musealisiert. Es wurde damals ins Bürgerliche Zeughaus gebracht und in den ersten Inventaren kann man nachlesen, dass da eine eisenbeschlagene weiße Truhe mit den Planzeichnungen war."

Der Großteil der Pläne befindet sich heute in der Akademie der bildenden Künste, neun sind im Besitz des Wien Museums. Die Zeichnungen, nach denen Dombaumeister und Steinmetze arbeiteten, befinden sich seit 2005 auf der UNESCO-Liste des Weltdokumentenerbes.

Turmwachsturm auf Knopfdruck

Die Planrisse heute zu verstehen, bereitet selbst Experten einige Schwierigkeiten. Michaela Kronberger und Co-Kuratorin Barbara Schedl investierten daher einiges in die didaktische Aufbereitung der Ausstellung. Auf einem der Pläne ist etwa der Grundriss des Nordturms von den Grundmauern bis zur Spitze eingezeichnet.

Sie hätten versucht, das mittels Infografik darzustellen, so Kronberger. So habe man sich auch "ein kleines Holzmodell einfallen lassen, wo der komplizierte Planriss vereinfacht dargestellt ist. Wenn man auf einen Knopf drückt, dann wächst der ganze Turm in seiner Höhe nach oben."

Originalwerkzeuge und Urkunden

Über 300 Jahre lang lebte die Wiener Bevölkerung neben einer Großbaustelle, die auch ein ökonomischer Faktor war. Trotz Seuchen und schlechter Lebensbedingungen kamen Menschen von weit her, um am Dom mitzubauen. Der Platzmangel mitten in der Stadt erforderte einen gut organisierten Baubetrieb.

Diese Rahmenbedingungen des Dombaus von Sankt Stephan werden in der Ausstellung ebenso thematisiert wie die Frage, wie der Dom finanziert wurde oder wie eine mittelalterliche Bauhütte funktionierte. Neben den Planrissen sind etwa Originalwerkzeuge und Urkunden zu sehen, in denen bürgerliche Spender verzeichnet sind. Spannendes halte die Ausstellung aber auch für Kinder bereit, so Michaela Kronberger.

Textfassung: Ruth Halle

Service

"Der Dombau von St. Stephan - Die Originalpläne aus dem Mittelalter", 11. März bis 21. August 2011, Wien Museum Karlsplatz,
Ö1 Club-Mitglieder bekommen ermäßigten Eintritt (30 Prozent).

Wien Museum