Politologin: Schwierige Rechtslage

"EU darf nicht zu lange abwarten"

Die Politologin Ulrike Guerot führt die lange Diskussion über eine Europäische Maßnahme gegen Libyens Staatschef Muammar al Gaddafi vor allem auf die komplizierte Rechtslage zurück. Auch sei die EU von der raschen Entwicklung in der arabischen Welt überrascht worden.

"Dürfen nicht Partei in Bürgerkrieg werden"

Die Politologin Ulrike Guerot im Mittagsjournal-Gespräch am 11.03.2011 mit

Völkerrechtliche Probleme

Die Politologin Ulrike Guerot arbeitet am European Council On Foreign Relations in Berlin und forscht zum Thema europäischer Integrationsprozess. Im Mittagsjournal-Gespräch sagt Guerot, die EU wie auch die USA stünden vor völkerrechtlichen Problemen. Keiner könne ein Interesse daran haben, Partei in einem Bürgerkrieg zu werden. Die Frage sei auch, ob ein Flugverbot nicht ausgeweitet werden müsste, "und das muss man sich reiflich überlegen." Dazu gehöre auch ein UN-Mandat und eine Absprache mit der NATO und Afrikanischen Union.

Sarkozy unter Druck

Zu lange abwarten dürfe die EU aber auch nicht, wie sie das in Srebrenica oder Ruanda getan hat, sagt Guerot. Das könne sich die EU moralisch nicht leisten. Immerhin seien neben einem amerikanischen Kriegsschiff auch schon welche aus Italien und Deutschland im Mittelmeer vor der libyschen Küste, und die Gelder Gaddafis sind eingefroren worden. Den Vorstoß des französischen Präsidenten Sarkozy mit Anerkennung der Opposition in Libyen und einem Aufruf zum Bombardement Gaddafis erklärt Guerot mit der schwierigen innenpolitischen Lage Sarkozys. Immerhin übe er damit aber Druck aus, dass die EU endlich handelt.

Sondergipfel in Brüssel

Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Länder sind am Freitag zu einem Sondergipfel in Brüssel zusammengekommen, um über die Krise in Libyen zu sprechen. Frankreich und Großbritannien sind vorgeprescht, um die EU zu einer härteren Position gegenüber Gaddafi zu bewegen. Andere Eu-staaten bremsen.

Mittagsjournal, 11.03.2011

Aus Brüssel,

Cameron: Regime isolieren

Gleich bei seiner Ankunft hat der britische Premierminister David Cameron klar gemacht, die EU werde das Regime von Muammar Gaddafi isolieren: Wir werden auch Druck auf das Regime machen und sollten auch Pläne für alle Eventualitäten bereithalten. Gestern Abend hatte er bereits gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy einen offenen Brief an den Rat geschrieben in dem härtere Maßnahmen gefordert werden.

Nikolas Sarkozy hat auch erklärt, was er versteht, direkten Luftangriffen in Libyen zu zustimmen: nur im Falle von Einsatz chemischer Waffen oder Bombardierungen der Zivilbevölkerung. Und auch nur dann wenn es eine Zustimmung der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga gäbe.
Doch diese direkten Angriffe gehen selbst mit diesen Einschränkungen für viele Länder zu weit. Angela Merkel z.B. möchte dass Gaddafi geht, aber von Angriffen ist nichts zu hören.
Mehrere andere Staats- und Regierungschefs haben ebenfalls gleich anfangs distanziert. So meint der luxemburgische Premier Jean Claude Juncker ja, Gaddafi sollte zwar zurücktreten, aber: Gegenmaßnahmen sollte die EU gemeinsam bereden. Ihm pflichten noch viele Regierungschefs bei.