Radioaktive Stoffe in der Nahrungskette

Vom Reaktor auf den Teller

Mit Rauch und Dampf entweichen von den zerstörten Reaktoren radioaktive Substanzen. Es sind zum Teil flüchtige Stoffe, aber auch kleinste Schwebeteilchen - in solcher Form können sie in die Nahrungskette gelangen.

Mittagsjournal, 11.03.2011

Verheerender Mix

Leicht flüchtige Stoffe, Aerosole, gasförmige, feste und flüssige kleinste Schwebeteilchen - in solcher Form können radioaktive Stoffe entweichen - wie Cäsium 137, Iod 131, Strontium oder (wie Greenpeace befürchtet) auch Plutonium, das offenbar in Reaktorblock 3 in Fukushima verwendet worden ist. Was genau derzeit in Japan ausgetreten ist bzw. noch austreten kann, ist aber unklar. Darauf weist Karl Kienzl, der stellvertretende Geschäftsführer des Umweltbundesamtes in Wien hin. Der Biologe hat unter anderem vor 25 Jahren beim Reaktorunfall in Tschernobyl die Folgen für Österreich untersucht: Es ist ein Mix an Radionukleiden, die dort freigesetzt werden. Genau wissen wir es nicht, wir haben keine Angaben von vor Ort."

Mit dem Regen ins Meer

Radioaktive Teilchen können sich an Staub binden und derart über die Luft vertragen werden, erläutert der Biologe vom Umweltbundesamt. Aber sie können auch durch Wasserdampf aus dem Reaktor geschleudert werden, wie Steffen Nichtenberger von der Umweltorganisation Greenpeace ergänzt. Beide weisen auf die Rolle von Regen hin: "Niederschlag würde bedeuten, dass radioaktiver Staub und die radioaktiven Aerosole ausgewaschen werden und im Boden landen bzw. im Meer."

Warnung vor Fischstäbchen?

Im Meer können radioaktive Isotope sowohl über Kleinstlebewesen, Plankton und Algen in Fischen landen, aber auch über die Kiemen, so Greenpeace-Sprecher Nichtenberger. Die österreichische Gesundheitsbehörden müsste dann jedenfalls Fischimporte aus Japan zu überprüfen, vor allem Polardorsch, der als Fischstäbchen bei uns in den Regalen landet."

Über Pflanzen in die Milch

Doch wie gesagt, derzeit ist unklar, wie viel Radioaktivität ausgetreten ist; Nennenswerten Niederschlag, der Partikel auswaschen könnte, soll es in der Region Fukushima erst am Wochenende geben. Das träfe dann auch den Boden, und Pflanzen, die von Menschen gegessen werden (wie Reis oder Soja) sowie Futter für Tiere. Radioaktiver Staub kann sich sowohl an der Pflanze ablagern als auch von ihr aus dem Boden gesogen werden. "Wenn Kühe dieses Gras fressen, landen die radioaktiven Isotope dann auch in der Milch." Laut Greenpeace sei vor allem Strontium heikel, wenn es in der Milch landet - es könne die Knochen schädigen. Frischmilch war übrigens auch beim Reaktorunfall in Tschernobyl vor 25 Jahren belastet - vor allem mit Jod 131.

Risiko für Trinkwasser

Ob Grundwasser gefährdet sei, hänge vom Boden ab, so der Biologe Karl Kienzl vom Umweltbundesamt weist. Bei Karst etwa haben radioaktive Partikel leichtes Spiel. Dieses Risiko kann man aus der Ferne ohne Kenntnis des Bodens rund um Fukushima aber nicht einschätzen.