Hilfsorganisationen fordern echte Reform

Pflegeeinigung nur "erster Schritt"

Die Einigung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden auf einen Pflegefonds löst bei den Hilfsorganisationen nur bedingt Freude aus. Caritas und Diakonie, Hilfswerk und Volkshilfe sowie Rotes Kreuz sehen darin einen wichtigen ersten Schritt, mehr aber nicht. Denn jetzt gehe es um eine wirkliche Reform.

Morgenjournal, 17.03.2011

Nur eine "kleine Lösung"

Mehr Geld für die Pflege sei grundsätzlich positiv, sagen die Hilfsorganisationen. Das verschaffe aber lediglich eine Verschnaufpause. "Das ist sicherlich nicht ausreichend und aus unserer Sicht eine kleine Lösung", sagt Erich Fenninger, Geschäftsführer der Volkshilfe. Ähnliches sagt auch Michael Chalupka, Direktor der evangelischen Diakonie: "Es wird frisches Geld in alte Schläuche gefüllt." Und Bernd Wachter, Generalsekretär der Caritas: "Das ist kein Fonds sondern ein 'Föndchen'. Es ist eine Brücke, insofern ein guter Weg."

Geld reicht nur kurz

Diese Einigung ist keine langfristige Lösung, sagt Walter Marschitz, Geschäftsführer vom Hilfswerk: "eine Übergangslösung, eine Fortschreibung des Status Quo." Mit den 685 Millionen können die Pflegemehrkosten bis 2014 gedeckt werden, für die Zeit danach brauche es aber mehr und zusätzliches Geld, denn der Aufwand steige um etwa 100 Millionen Euro pro Jahr, sagt Marschitz: "Man kommt bis zum nächsten Finanzausgleich und dann muss diese Lösung fortgeschrieben werden." Der Hilfswerk-Geschäftsführer rechnet damit, dass bis 2020 um eine Milliarde Euro mehr in das Pflegesystem investieren müsse als man das 2010 getan habe.

Ungerechtigkeiten beseitigen

Neben den Zusatzkosten geht es vor allem um einheitliche Standards und Leistungen in ganz Österreich, sagt Monika Wild, Leiterin für Gesundheits- und Sozialdienste beim Roten Kreuz: "Dass der Kostenbeitrag in Oberösterreich um die Hälfte günstiger ist als in der Steiermark bei gleichem Einkommen, ist aus Staatsbürgersicht nicht einsehbar." Solche Unterschiede und Ungerechtigkeiten müssten beseitigt werden, sagen auch Bernd Wachter von der Caritas und Erich Fenninger von der Volkshilfe.

Lücken gibt es vor allem bei den mobilen Pflegediensten und bei Tageszentren. "Es geht um ein gemeinsames Bild von Bund und Ländern, wo das Schiff der Pflege hinfahren soll", so Wachter. "Es soll inhaltlich und qualitätsmäßig österreichweit eine Maßnahme und eine Gesetzgebung geben", sagt Fenninger. Ein guter Mix aus Sachleistung und finanzieller Leistung müsse künftig ein Rechtsanspruch sein.

Drei Jahre Zeit gewonnen

Durch die vorübergehend zusätzliche Finanzierung bis 2014 gebe es nun die Chance für eine wirkliche Pflegereform, sagt Michael Chalupka von der Diakonie. Man habe damit drei Jahre Zeit gewonnen, um einheitlich in ganz Österreich die richtigen Pflegeangebote herzustellen. "Es muss möglich sein. Die pflegebedürftigen Menschen und ihre Angehörigen brauchen eine Lösung", sagt Monika Wild vom Roten Kreuz.

Mittagsjournal, 17.03.2011

Mehr Arbeit für PVA

Erste Adresse für die neue Bundesaufagabe "Pflege" ist wohl im konkreten die Pensionsversicherungsanstalt, die dann eben zu ihren derzeit 250.000 Fällen etliche zehntausend dazu bekommen würde. Für etliche Pflegegeldbezieher könnte sich durch den Wechsel in die Bundeszuständigkeit etliches ändern, hofft Jochen Preiss, Kabinettsschef des Sozialministers: schnellere Bearbeitungszeiten und weniger Ungleichbehandlung durch lokal unterschiedliche ärztliche Gutachter. Aus der PVA heißt es heute: Die neue Aufgabe werde kein wirkliches verwaltungstechnisches Problem dastellen.