USA auf Distanz
Libyen-Einsatz: Streit um Oberkommando
Seit Samstag fliegen amerikanische, britische und französische Einheiten Luftangriffe auf Stellungen der libyschen Armee. Doch noch immer ist unklar, unter welchem Kommando dieser Einsatz läuft. Die Amerikaner wollen nicht, angesichts ihres Afghanistan- und Irak-Einsatzes, und die NATO ist in sich zerstritten. Frankreich würde gerne, doch das passt den anderen Europäern nicht.
27. April 2017, 15:40
Mittagsjournal, 22.03.2011
Europa muss selbst handeln
Der Libyen-Einsatz des Westens bringe wieder einmal die Grundproblematik Europas, der Europäischen Union deutlich zum Vorschein, sagt Ulrike Guerot, Expertin für Europäische Verteidigungspolitik in Berlin. Die Europäer verlassen sich immer auf die Amerikaner, doch diesmal geht das einfach nicht.
Frankreich will die Führung
Die USA haben klar gemacht, dass sie nach Afghanistan und dem Irak nicht die Führung in einem dritten Konflikt in einem arabischen Land übernehmen wollen. Das ist auch innenpolitische in den Vereinigten Staaten derzeit nicht durchzubringen. Frankreich versucht nun diese vakant werdende militärische Führungsposition einzunehmen.
Dafür gibt es mehrere Gründe: Frankreich versucht zu kompensieren, nachdem es die politischen Umwälzungen in seinem Vorhof Tunesien und in Ägypten nicht nur völlig verschlafen hat, sondern seine Minister gar bis zuletzt sich von den Machthabern hofieren ließen. Frankreichs Präsident Sarkozy versuche sicherlich auch, seine schlechten Umfragedaten zuhause durch eine aktive Libyenpolitik aufzuwerten.
Aber natürlich dürfe Frankreich seine Verbündeten, sei es in der NATO, sei es in der Europäischen Union nicht einfach überrollen, so Ulrike Guerot. Italien und Deutschland seien da ja sehr empfindlich.
EU muss aktiv werden
Es geht aber letztlich um mehr - der Westen muss um seine Legitimation kämpfen, so Ulrike Guerot. Wenn die NATO den Einsatz nicht leiten kann, weil die Türkei dies blockiert, dann muss die Europäische Union aktiv werden.
Vielleicht gibt es beim EU-Gipfel am kommenden Freitag eine Annäherung, meint Guerot, denn ansonsten bleibe der ungute Geschmack, dass der Westen unentschlossen dastehe. Das könne nach hinten losgehen.