Führungskompromiss USA - NATO?
Durchhalteparolen Gaddafis
Die internationalen Streitkräfte haben in der Nacht eine vierte Welle von Luftangriffen auf Libyen geflogen. Während Machthaber Gaddafi Durchhalteparolen ausgibt, ringen die USA und die NATO um einen Kompromiss, wer die Operation anführt. Unterdessen werden aus Misrata blutige Kämpfe gemeldet.
27. April 2017, 15:40
Morgenjournal, 23.03.2011
Gaddafi wettert
Am Abend ist Staatschef Muammar al-Gaddafi zum ersten Man seit Beginn der Angriffe am vergangenen Samstag öffentlich aufgetreten und hat seinen Anhängern einen "glorreichen Sieg" versprochen. Die libysche Armee werde sich niemals ergeben, ruft Gaddafi im Zentrum von Tripolis in einer vom Staatsfernsehen übertragenen Rede. Er ruft alle muslimischen Länder auf, sich ihm anzuschließen um "einen Krieg von Kreuzzüglern gegen den Islam" abzuwehren.
Gaddafi sucht Unterschlupf
Nicht weiter überraschende Worte von Gaddafi, der laut USA auf der anderen Seite auch schon prüft, wo er im Notfall im Ausland unterkommen könnte: Nicht Gaddaffi persönlich, aber Leute aus seinem Umkreis würden es laut eigenen Angaben in seinem Namen tun, erklärt Außenministerin Hillary Clinton in einem Interview mit dem US-Sender ABC. Noch spielen die USA die militärische und operative Hauptrolle in der internationalen Militäroperation - aber Hillary Clinton kündigt in dem Interview einen raschen Kommandowechsel an, möglicherweise noch in dieser Woche.
Kompromiss mit Sarkozy und Cameron?
Nach den Kriegen im Irak und in Afghanistan wollen die USA unbedingt den Eindruck vermeiden, sie führten einen dritten Krieg gegen ein islamisches Land. Aber unter den 28 NATO-Mitgliedern zeichnet sich noch immer nicht die notwendige Einstimmigkeit zur Übernahme der Führungsrolle im Libyenkonflikt ab. Der stärkste Widerstand kommt vom Mitglied Türkei, wenig Begeisterung zeigt auch Deutschland.
Inzwischen hat Präsident Obama aber laut Angaben aus dem Weißen Haus mit Frankreichs Präsidenten Sarkozy und Großbritanniens Premier David Cameron telefoniert und einen Kompromiss vereinbart - in dem der NATO trotz allem eine Schlüsselrolle zukommen soll.
Nach langem Zögern hat das NATO-Bündnis sich am Dienstag mit einem ersten Akt am Libyen-Einsatz beteiligt: Marine-Schiffe sind unterwegs, um das vom UN-Sicherheitsrat beschlossene Waffenembargo gegen Libyen umzusetzen.
Schlacht um Misrata
In Libyen werden auch immer mehr die Grenzen einer Militäroperation aus der Luft klar: In der Stadt Misrata westlich von Tripolis tobt eine blutige Schlacht: "Mehrere Panzer der Gaddafi-Truppen besetzen die Hauptstraße", sagt ein Bewohner am Telefon mit Al-Jazeera, "sie haben überall Scharfschützen postiert". Die Ärzte kämen nicht mehr nach beim Versorgen der Verletzten.
Es gehört zur Taktik Gaddafis, seine Panzer und kleine Artillerieeinheiten in bewohnte Gebiete zu schieben. Angriffe aus der Luft, würden hier unweigerlich auch Zivilisten töten - was die alliierten Streitkräfte unbedingt verhindern wollen.