Warnungen der Regierung

Radioaktivität in Gemüse, Milch, Wasser

Nach dem Atomunfall in Fukushima werden in Japan immer mehr radioaktiv belastete Lebensmittel entdeckt. Gemüse aus der Provinz Fukushima und auch das Trinkwasser in Tokio sind betroffen. Zum ersten Mal hat die japanische Regierung jetzt ausdrücklich vor dem Verzehr des Gemüses gewarnt.

Mittagsjournal, 23.03.2011

Aus Tokio, ORF-Sonderkorrespondent

Beunruhigende Warnungen

Dass das Leitungswasser in Tokio Spuren von radioaktivem Jod aufweist, ist schon seit dem Wochenende bekannt. Die Werte seien so niedrig, dass absolut keine Gefahr für die Gesundheit bestünde, hieß es anfangs. Heute bekommt die Öffentlichkeit dann eine andere Botschaft zu hören: Babys in Tokio sollen ab sofort kein Leitungswasser mehr trinken, sagt ein Sprecher der Stadtregierung. In fast allen Bezirken der japanischen Hauptstadt sei der Grenzwert für Kleinkinder überschritten worden, heißt es.

Überschrittene Grenzwerte

Dazu kommen täglich neue Hiobsbotschaften aus den landwirtschaftlich geprägten Provinzen nördlich von Tokio. In einem Blattgemüse aus der Präfektur Fukushima, dort wo sich eben auch der havarierte Reaktor befindet, wurde radioaktives Cäsium gefunden. Der Grenzwert war um das 164-fache überschritten. Auch Spinat, Broccoli, Salat – insgesamt elf Gemüsesorten – weisen deutlich überhöhte Strahlenwerte auf. Die Regierung warnt vor dem Verzehr und hat ein Transportverbot für Gemüse und Milch aus Fukushima und drei Nachbarprovinzen verhängt.

Zwischen Besorgnis und Angst

Trotzdem ist zumindest bis Dienstag noch Gemüse aus Fukushima auf manchen Märkten in Tokio gelandet, wie uns der Gemüsehändler Terabe Mitsuo bestätigt. "Ich habe noch in der Früh Spinat aus Fukushima hier in meinem Laden verkauft. Eingekauft habe ich ihn auf einem Großmarkt hier in Tokio." Viele Kunden, mit denen wir in dem kleinen Laden am Rande von Tokios Finanzviertel sprechen, geben sich zwar besorgt, aber keinesfalls alarmiert. Frau Kinoshita verrät uns, was sie gegen potentiell verseuchte Lebensmittel tut. "Ich wasche mein Gemüse einfach gründlich, dann dürfte es auch unbedenklich sein für den Verzehr." Deutlich nachdenklicher gibt sich ein älterer Herr, den wir in einem Park auf einer Bank sitzend antreffen: "Ich habe absolut Angst. Das alles hätte nicht passieren dürfen. Ich weiß, ich bin schon alt, aber ich sorge mich vor allem um die Zukunft und die Gesundheit meines Enkelkindes."

Irgendwas ist anders

Von Panik ist in Japans Hauptstadt tatsächlich nichts zu spüren. Auch die noch immer heftigen Nachbeben werden scheinbar mit stoischer Ruhe hingenommen. Auch als wir kurzzeitig in der U-Bahn steckenbleiben, weil wieder einmal die Erde bebt, kümmert das ganz offensichtlich niemanden. Die Passagiere warten ruhig und geduldig auf die Weiterfahrt. Es sind vor allem die Rolltreppen, die nicht funktionieren, die düstere Straßenbeleuchtung, die riesigen Reklametafeln, die nicht mehr funkeln, alles Folgen des akuten Strommangels, die das Gefühl aufkommen lassen, dass irgendetwas doch anders ist in Tokio als sonst.

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