Komponieren für das Hörspiel

Großes Kino für die Ohren

Am Anfang steht das geschriebene Wort: Im Idealfall eine packende Story, die von Schauspieler/innen im Hörfunkstudio in Szene gesetzt wird. Doch das ist bei weitem nicht alles, was die Würze eines guten Hörspiels ausmacht. Geräusche sind dabei ebenso integrale Bestandteile wie eine dramaturgisch eingesetzte Musik.

Noch vor 50 Jahren spielte die Musik als dramaturgisches Stilelement beim Hörspiel eine völlig untergeordnete Rolle. Das lag unter anderem an den beschränkten technischen Möglichkeiten, aber auch an der primär bildungsorientierten Vermittlung von Literatur. Noch in den 1950ger Jahren sollte die Musik so gering und leise wie möglich eingesetzt werden, um die "Feinstofflichkeit des dichterischen Wortes" nicht zu stören. Ab dem Moment des neuen Hörspiels entwickelte sich die Musik als eine eigenständige Kunst.

Musiker werden ins Studio gebeten, um vor Ort Musik für gewisse Szenen zu entwickeln. Doch auch in dieser Hinsicht hat sich im Vergleich zu heute viel verändert. Dass Musikerinnen bzw. Musiker zu den Tonaufnahmen ins Hörspielstudio kommen, ist aus Kostengründen nur mehr selten der Fall. Sie bekommen in der Regel lange vor den Sprachaufnahmen das Endmanuskript zugeschickt, um sich einzulesen und in Absprache mit dem Regisseur fertig gemischte musikalische Teile zu liefern. Allein aus dem geschriebenen Text Musik zu entwickeln, kann aber durchaus seinen Reiz haben. Der blinde Akkordeonist Otto Lechner, der in etwa 10 Hörspielen als Musiker bzw. Komponist mitwirkte, erarbeitet seine Stücke mithilfe einer Computer-stimme, die ihm die eingescannten Manuskripte vorliest:

"Das Spannende an dem Ding ist ja, das man nur diesen Text hat und noch nicht weiß, wie die Schauspieler klingen, ja oft nicht einmal die Besetzung feststeht."

Mit den Ohren sehen

Der Musiker Peter Rosmanith - Produzent der Hörbuchreihe "Bibliothek der Töne (Mandelbaum Verlag) - ist seit frühester Jugend auf der Suche nach Klängen aller Art. Und diese Leidenschaft hat er sich bis heute bewahrt.

In seinem kleinen Kellerstudio in der Wiener Sargfabrik wird man auf der Suche nach außergewöhnlichen Klangkörpern nahezu immer fündig. Neben einem afrikanischen Balafon, indischen Tablas und einem Schweizer Hang - eine Klangschale aus gehärtetem Stahlblech - reihen sich aber ebenso Plastiktrompeten und Spielzeugklaviere. Sie alle hat Peter Rosmanith in seinen Kompositionen für Bühnen- oder Hörspielproduktionen bereits mehrmals eingesetzt. Seine Hände entlocken beinahe allem Musik, wie auch jenem Instrument, das er selbst aus einer Kinderblechbadewanne, einer Holzplatte und Drahtstiften gebastelt hat.

Hörbuchformat

Das von ihm für den Mandelbaum Verlag entwickelte Hörbuchformat verbindet Literatur mit Musik, Theater mit Hörspiel. Die Musik verdichtet, interpretiert und erweitert den Text, schafft neue Hörräume. So auch bei der Produktion "Dracula, Dracula", nach einem Buch von H.C. Artmann.

Die von Georg Graf und Peter Rosmanith komponierte, und auf mannigfaltigen Percussions- und Blasinstrumenten interpretierte Musik, bezieht ihre Einflüsse aus osteuropäischer Volksmusik, dem Jazz und der Minimalmusik. Aus Sprache und Musik entsteht eine Symphonie des Grauens, der aber auch der Schalk im Nacken sitzt. Mit dieser Produktion touren die Musiker gemeinsam mit dem Schauspieler Erwin Steinhauer auch durch Österreich.