Die Anfänge des Fußballs
Der ganz große Traum
Fußball ist in Deutschland Nationalsport Nummer eins. Kaum zu glauben also, dass es der Kampf um das runde Leder in seinen Anfängen schwer hatte, gesellschaftlich akzeptiert zu werden. Das zeigt nun der deutsche Film "Der ganz große Traum".
8. April 2017, 21:58
Im Mittelpunkt: der Englischlehrer Konrad Koch, der 1874 in Braunschweig am Martino-Katharineum-Gymnasium als Englischlehrer eingestellt wurde. Er machte den Fußball zum pädagogischen Instrument. "Der ganz große Traum" läuft ab Ende dieser Woche in den heimischen Kinos.
Mittagsjournal, 29.03.2011
Mittel zum Zweck
Gewinnt der Fußball oder bleibt es doch beim Rohrstock? Für das Match, das hier ausgetragen wird, ist das Spiel am grünen Rasen aber ohnehin nur ein Mittel zum Zweck: aus Schülern gute Menschen zu machen, ein Vorhaben, das vor allem im Klassenzimmer stattfindet. Und dort herrschen vorerst Zucht und Ordnung, Gehorsam und Disziplin, Egoismus und Zwist. Bis der neue Englischlehrer Dr. Koch kommt.
Regisseur Sebastian Grobler fackelt nicht lange herum: Er präsentiert die Konflikte ohne große Subtilität wie übergroße Ausstellungsstücke: einerseits Dr. Koch, der Mann mit der Fußballleidenschaft, der drei Jahre in England war mit seinem Glaube an das Gute, andererseits der Förderverein der Schule, ein Hort der Besitzstandwahrung mit ausgeprägtem Standesdünkel, fanatischer Deutschtümelei. Veränderungen kommen hier nicht gut an.
Klassen- und Kulturkampf
Zum Klassenkampf zwischen Ober- und Unterschicht gesellt sich auch noch ein ebenfalls überdeutlich markierter Kulturkampf. Wer also sind die wirklichen Barbaren? Der Film weiß eine klare Antwort: Da können die Briten noch so viel rohes Fleisch mit Minzsauce essen, ihr Fußball ist rund wie die Erdkugel, er repräsentiert die Weltoffenheit, während im deutschen Kaiserreich selbst aus einer Turnstunde ein engstirniges militärisches Ritual gemacht wird.
"Ich glaube, dass wir im Kern Konrad Koch gerecht werden, dass er mit dem Fußball auch eine andere Pädagogik verfolgt, dass er über Freiheit der Kinder nachdachte, echten Gemeinschaftssinn bilden wollte, auch Selbstverantwortung - im Gegensatz der Pauk- und Drill-Schule der damaligen Zeit", so Grobler.
Überraschungsfreier Sympathieträger
Aus seinen Sympathien macht der Film keine Sekunde ein Geheimnis und bleibt damit ein weitgehend überraschungsfreier Sympathieträger. Am Ende landen die Bremser und Blockierer, die im Fußball und damit im Humanismus nur Anarchismus erkennen, im Abseits, die Kulturen und Klassen werden miteinander versöhnt, Arm und Reich, die Reformer und die Konservativen. Das alles wirkt hier dann doch wie ein ganz großer Traum.