Ergänzung zur Giacometti-Ausstellung

Zeitgenössische Raumkunst

Raum und Zeit sind Parameter unserer Existenz, die kaum bewusst wahr genommen werden. Sie erfahrbar zu machen, kann ein reizvolles Thema der Kunst sein. Das Museum der Moderne auf dem Mönchsberg in Salzburg ergänzt seine Giacometti-Ausstellung mit dem Thema vom "Ursprung des Raumes" durch "Zeitgenössische Raumkunst". Drei Künstler denken Giacometti weiter.

Kultur aktuell, 02.04.2011

Übermäßig gelängte Figuren mit knubbeliger Oberfläche, mit Details, die wie aus unterschiedlicher Distanz wahrgenommen wirken, so präsentieren sich die Figuren von Alberto Giacometti in der Ausstellung im Museum der Moderne. Bruce Naumann, Fred Sandback und Franz West erweitern den Begriff der Skulptur auf eigenständige Weise.

Skulpturen ohne feste Masse

Dem Amerikaner Fred Sandback reichen farbige Fäden, die vom Boden zur Decke oder übereck gespannt werden, um Skulpturen ohne feste Masse in den Raum zu zeichnen. Er bekennt sich sehr deutlich zu seiner Beziehung zu Giacometti.

Der Kurator Veit Ziegelmaier zitiert den Künstler: "Giacometto war ein bedeutendes 'Liebesverhältnis', was auf die Vorbildfunktion hinweist."

Bruce Naumann schickt seine Besucher unter anderem auf dem Weg: "Live-Taped Video Corridor" ist ein langer Gang, eng, Blickkontakt nach außen ist nicht möglich, man geht entlang und sieht sich selbst vor sich auf dem Bildschirm, immer kleiner werdend.

Ein "eigenes Körpergefühl vermitteln"

Skulptur nicht nur anzuschauen, sondern zu ergehen, durch Bewegung im Raum zu erleben - nicht nur der amerikanische Künstler fordert den aktiven Besucher. Auch Franz West will die Interaktion. In den 1970er Jahren hat der Wiener Künstler die "Passstücke" erfunden, ein Video in Salzburg gibt genaue pantomimische Anleitungen, wie man sie nutzen soll:

"Die Passstücke wirken wie Prothesen, die in ihrer Bewegung einschränken", erklärt Ziegelmaier, "die - wie Franz West das eigentlich will - vielleicht auch psychosomatische Symptome offenlegen, also ein ganz eigenes und ungewohntes Körpergefühl vermitteln, und dafür sollen sie ein Bewusstsein schaffen."

Auch die raue schrundige Oberfläche mancher Passstücke erinnert an Arbeiten von Giacometti. "Er arbeitet zwar nicht mit dem klassischen Material der Bronze", so Ziegelmaier, "sondern mit Pappmaché, mit Gips, Gazé, Draht und dergleichen, aber diese unruhige, etwas schroffe Oberflächenstruktur lässt formale Gemeinsamkeiten erkennen."

Das gilt auch für die bekannten Wachsköpfe von Bruce Naumann. Sie hängen im Eingangsbereich und grüßen in Pink, Grau und Gelb quer über den Treppenabsatz zur Giacometti-Büste.

Textfassung: Ruth Halle

Service

"Zeitgenössische Raumkunst. Bruce Nauman, Fred Sandback, Franz West", 2. April bis 10. Juli 2011,
Ö1 Club-Mitglieder bekommen ermäßigten Eintritt (25 Prozent).

Museum der Moderne