UNO-Chefankläger Brammertz sicher

"Mladic und Hadzic sind in Serbien"

Das UNO-Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien in den Haag sucht noch immer zwei Kriegsverbrecher: Ratko Mladic, der für das Massaker in Srebenica verantwortlich sein soll, und Goran Hadzic für Kriegsverbrechen in Kroatien. Der Chefankläger des UNO-Tribunals, Serge Brammertz, vermutet die beiden weiterhin in Serbien.

Mittagsjournal, 06.04.2011

Der Chefankläger des UNO-Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien, Serge Brammertz, im Interview mit

Kleiner Helferkreis

Zwar gibt es immer wieder Nachrichten, dass sich Mladic und Hadzic abgesetzt hätten oder bereits gestorben seien. Doch Brammertz geht auf jeden Fall davon aus, dass sich "der Schlüssel und die Informationen zur Festnahme in Serbien und in Belgrad" befinden. Wer die Helfer und Helfershelfer sind? Jedenfalls sei nur eine sehr begrenzte Anzahl involviert, sagt Brammertz. Sie würden dem militärischen Umfeld von Mladic angehören.

"EU muss Druck ausüben"

Bestrebungen in der EU, Serbien im Dezember den Status eines Beitrittskandidaten zu verleihen, auch wenn Ratko Mladic nicht gefasst ist, steht Brammertz skeptisch gegenüber. Denn bisherige Erfolge bei der Fahndung nach Kriegsverbrechern seien zu einem großen Teil auf den Druck der internationalen Gemeinschaft und der EU zurückzuführen. Und den größten Druck habe immer die Verbindung zwischen EU-Erweiterung und Zusammenarbeit erzeugt. Sollte man nun sagen, die Erweiterung der EU in der Region sei wichtiger als die Festnahem von Mladic und Hadzic, dann "fände ich das persönlich ein sehr großes Problem". Sollte man das nicht mehr so wichtig finden, "dann wäre das ein Armutszeugnis für die Europäische Union."

Schutz von Milosevic

Ratko Mladic muss sich vor dem UNO-Tribunal für das Massaker in Srebrenica und andere, von bosnisch-serbischen Truppen während des Bosnien-Krieges (1992-1955) begangene Kriegsverbrechen verantworten. Nach der Einnahme der ostbosnischen UNO-Schutzzone Srebrenica durch Truppen der bosnischen Serben wurden im Juli 1995 rund 8.000 bosniakische (muslimische) Einwohner vor den Augen der UNO-Soldaten aussortiert und danach getötet. Nach dem Bosnien-Krieg lebte Mladic noch jahrelang unter dem Schutz des Regimes von Slobodan Milosevic in Belgrad, auch wenn sich Serbien durch das Dayton-Abkommen, mit dem Ende 1995 der Bosnien-Krieg beendet wurde, zur Zusammenarbeit mit dem UNO-Tribunal verpflichtet hatte.

Mladic seit 2006 untergetaucht

Erst nach der Festnahme Milosevics und dessen Überstellung an das Haager Strafgericht im Juni 2001 wurde auch Mladic der Boden unter den Füßen zu heiß. Er tauchte unter, hatte sich zuvor aber offenbar noch eine Zeitlang in jugoslawischen Militäranlagen versteckt. Laut serbischem Militärnachrichtendienst gibt es seit Anfang Juli 2002 keine Indizien mehr, dass sich Mladic in Militäranlagen oder Militärwohnungen verstecke. Der serbische Sonderstaatsanwalt für Kriegsverbrechen beschuldigte den früheren Chef des Nachrichtendienstes, Rade Bulatovic, Anfang 2006 die Gelegenheit vereitelt zu haben, Mladic festzunehmen. Seitdem wurden viele Fahndungen unternommen, keine hat zur Auffindung von Mladic geführt.

Hadzic seit 2004 "verschwunden"

Auch der ehemalige politische Chef der kroatischen Serben, Goran Hadzic, ist kurz vor der geplanten Festnahme im Jahr 2004 untergetaucht, seitdem fehlt von ihm jede Spur. In der Anklage des UNO-Kriegsverbrechertribunals werden Hadzic Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie Verstöße gegen Kriegsgesetze angelastet. Auch der Tod von 22 Zivilisten in der ostslawonischen Ortschaft Lovas sowie von mindestens 35 Kriegsgefangenen in Dalj, ebenfalls in Ostslawonien, wird Hadzic angelastet.