Ansuchen um EU-Finanzhilfe gestellt

60 Mrd. Euro für Portugal?

Wie Griechenland und Irland hat auch Portugal bei der EU Finanzhilfe beantragt. Der Chefanalyst der Raiffeisen Zentralbank, Peter Brezinschek, schätzt den Finanzbedarf Portugals auf 50 bis 60 Milliarden Euro. Seiner Ansicht nach muss Portugal nun einen dreijährigen harten Sanierungskurs durchziehen.

"Portugal braucht nachhaltige Sanierung"

Der Chefanalyst der Raiffeisen Zentralbank, Peter Brezinschek, im Morgenjournal-Interview am 07.04.2011 mit Micheal Csoklich

"Vorhersehbare Entwicklung"

Offenbar waren zuletzt die Zinssätze, die Portugal an Investoren zahlen musste, deutlich über den Kosten für den Euro-Rettungsschirm, so Brezinschek im Ö1-Morgenjournal zu den Beweggründen der portugiesischen Regierung, nun doch die EU-Finanzhilfe anzunehmen. Aber die Entwicklung sei vorhersehbar gewesen.

Bis zu 60 Mrd. Euro

Brezinschek schätzt den Finanzbedarf Portugals auf geringer als den Irlands, aber "so 50 bis 60 Milliarden Euro könnte ich mir schon vorstellen, dass hier flüssig gemacht werden." Sollte Portugal ab sofort einen harten Sanierungskurs durchziehen, dann könnte Portugal ab 2013 wieder eine Chance auf den Finanzmärkten haben, meint der RZB-Chefanalyst.

Sparen und trotzdem wachsen

Drei Sparpakete hat die portugiesische Regierung schon beschlossen, aber das ist offenbar nicht genug. Sie hätten nicht auf eine nachhaltige Sanierung abgezielt, sagt Brezinschek. Künftige weitere Sanierungsschritte dürften keineswegs weitere Investitionskürzungen sein, weil diese das nötige Wachstum Portugals dämpfen würden, warnt Brezinschek. Jetzt gehe es um Entbürokratisierung und Liberalisierung, "alles, was ohne finanzielle Maßnahmen Wachstumskräfte auslösen kann". Außerdem werde es auch in Portugal nicht ohne Ausgabensenkungen "bei Pensionen, öffentlichen Gehältern und im Gesundheitsbereich" gehen.

Griechen brauchen "Restrukturierung"

Noch nicht geschafft hat es der erste der Schutzschild-Nützer, Griechenland: Brezinschek erwartet, dass Griechenland eine "Restrukturierung" benötigen wird, um von einem Schuldenstand in der Höhe von 150 Prozent des Bruttosozialproduktes wegzukommen. Dazu gehörten eine Laufzeitenverlängerung und auch eine Zinssenkung - derzeit zahlt Griechenland 16 Prozent Zinsen.

War's das?

Der Experte nimmt aber an, dass es mit der Hilfe für Portugal auf absehbare Zeit ausgestanden sei. Für die Bedrängnis der einzelnen Länder gebe es jeweils unterschiedliche Ursachen: Brezinschek sieht neben den Budgetproblemen Portugals und Griechenlands das Bankenproblem in Irland und die bereits auf Sanierungskurs befindlichen Länder Italien und Spanien.

Morgenjournal, 07.04.2011

"Schnellstmögliche Hilfe" zugesichert

Der geschäftsführende Regierungschef Portugals, José Sócrates, verkündete den Antrag des ärmsten Landes Westeuropas am Mittwochabend offiziell. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso bestätigte das portugiesische Begehren und sicherte dem Land "schnellstmögliche" Hilfe zu. Barroso, einst portugiesischer Regierungschef, teilte am Mittwochabend in Brüssel mit, er habe "Vertrauen in Portugals Fähigkeit, die derzeitigen Probleme zu überwinden". Der Rettungsfonds EFSF könnte bis zu 250 Milliarden Euro an finanzschwache Eurostaaten ausleihen. Im Gegenzug wird von dem Krisenstaat ein striktes Sparprogramm verlangt.

Bis zu 75 Mrd. Euro "angemessen"

Angaben über das mögliche Volumen der Hilfen liegen nicht vor. Vor knapp zwei Wochen hatte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker in einem Interview gesagt, er halte für Portugal eine Summe von 75 Milliarden Euro für angemessen - falls Lissabon Unterstützung beantragen sollte.

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