Zoon-Premiere im Nestroyhof

"Femme fatale" Katalin Karády

Katalin Karády war in den 1940er Jahren Ungarns größte Filmdiva. Die Schauspielerin und Sängerin wurde für ihre erotische Ausstrahlung teils bewundert, teils kritisch beargwöhnt und verkörperte in ihren Filmen oft die Rolle der Femme fatale.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs geriet Karády ins Visier der Nationalsozialisten. Zusammen mit ihrem Geliebten, einem Geheimdienst-Offizier, wurde sie von der Gestapo verhaftet und monatelang verhört. Das Wiener Musiktheater Zoon widmet sich jetzt in seinem neuen Stück "Das Budapest Verhör" dem Schicksal der Künstlerin und beschreibt, wie der Privatperson Katalin Karády ihr öffentliches Image zum Verhängnis wurde. Die im Stück live aufgeführte Musik beruht auf der von Zoon wiederentdeckten Filmpartitur zum Film "Tödlicher Frühling", mit dem Karády einst berühmt wurde.

Kulturjournal, 03.05.2011

Katalin Karády sei der "blaue Wundervogel der Wunschträume ungarischer Filmproduzenten", schrieb einst der Journalist Zoltán Egyed, der die Schauspielerin und Sängerin entdeckte. Schon ihr erster Film, "Tödlicher Frühling" von 1939, wurde zum großen Erfolg und machte die Karády zum Star.

Sie verkörperte eine Art von Frauenbild, das sich von jenem der Hausfrau und Mutter emanzipiert hatte. Als gefährlich und geheimnisvoll wurde sie inszeniert, stark geschminkt und stets mit der Zigarette in der Hand. Bei Karády sei schon früh etwas passiert, das heute gang und gäbe sei, so Thomas Desi, Autor und Regisseur des Stücks "Das Budapest Verhör".

Doppelter Auftritt

Im Fall von Katalin Karáday blieb es nicht bei der Vermarktung und medialen Ausbeutung der öffentlichen Figur: 1944 wurde sie von der Gestapo unter Spionageverdacht festgenommen - just zu einem Zeitpunkt, als sie in einem Film eine Spionin verkörperte. Auch im Stück "Das Budapest Verhör" tritt die Figur doppelt auf: Während die reale Katalin Karády, dargestellt von Eszter Hollósi, in Einzelhaft sitzt, verhört und misshandelt wird, ist auch ihr singendes, laszives Alter Ego ständig präsent. Die reale Figur wird zum Opfer ihrer Ikonisierung.

Drei Monate blieb Karády in Gestapo-Haft. Aus welchen Motiven genau die Nationalsozialisten sie ins Visier genommen hatten, ist ungeklärt. Sie war mit dem Geheimdienst-Abwehrchef von Ungarn, István Ujszászy, verlobt - zusammen mit ihm wurde sie verhaftet. Erst viel später wurde auch bekannt, dass Karády in ihren drei Wohnungen jüdische Verfolgte versteckt hat - ein Kapitel, über das sie selbst nie gesprochen hat. Nachdem die Künstlerin nach dem Zweiten Weltkrieg zur bürgerlichen Klassenfeindin erklärt worden und über Umwege in die USA ausgewandert war, habe sie mit ihrer Vergangenheit generell abgeschlossen, erklärt Thomas Desi.

Service

Thomas Desi, "Das Budapest Verhör", 3. bis 14. Mai 2011, Theater Nestroyhof/Hamakom,
Ö1 Club-Mitglieder bekommen ermäßigten Eintritt (zehn Prozent).

Theater Nestroyhof/Hamakom