Greenpeace: Europa plündert Afrikas Gewässer

Westafrikas Fischer gegen EU

Industriestaaten fangen die Fische für ihre Märkte auch vor den Küsten Westafrikas - zu Lasten der einheimischen Bevölkerung. Greenpeace hat zwei afrikanische Fischer nach Wien eingeladen, damit diese hier selbst ihre Lage schildern können. Sie hoffen auf ein Ohr bei Politikerinnen und Politikern, steht doch die Reform der EU-Fischereipolitik bevor.

Mittagsjournal, 04.05.2011

Verhängnisvolles Abkommen

Die Küstengewässer Westafrikas gehören zu den fischreichsten Regionen weltweit. In Staaten wie Mauretanien oder Senegal leben viele Menschen von der Fischerei; doch Fang und Profit gehen nach Europa, der Bevölkerung in Westafrika bleiben leere Fischnetze und leere Teller - kritisiert die Umweltorganisation Greenpeace die europäische Fischereipolitik. Die EU hat Abkommen mit Staaten außerhalb der Union - für Fangrechte wird finanzielle und technische Unterstützung geleistet. Nach Mauretanien beispielsweise darf die EU eine bestimmte Anzahl an Schiffen schicken und bezahlt dafür vier Mal einen Jahresbetrag von 76 Millionen Euro. Was dieses Abkommen für die kleinen Fischer in Mauretanien bedeutet, schildert Harouna Ismael Lebaye: "Wir haben weniger Beute und mussten unsere Fangmethoden ändern. Früher haben wir mithilfe der Delfine gefangen. Sie haben uns die Fische zugetrieben. Diese traditionelle Methode ist verschwunden - wegen der Überfischung durch die großen, ausländischen Schiffe aus Europa und anderen Weltregionen." Lebaye fängt vor allem Tintenfische - früher habe er 150 Kilogramm oder mehr pro Tag gefangen, heute zehn Kilo; davon leben kann er nicht.

"Dann kommen wir nach Europa"

Mauretanien hat nicht nur mit der EU ein Abkommen, sondern zudem unter anderem mit Russland und Japan. Ihre Schlepper und schwimmenden Fischfabriken können im Gegenzug von Fördergeld und Lizenzen eine festgelegte Menge an Fisch, Krebstieren und Tintenfischen fangen. So weit die Schilderung aus Mauretanien; mit dem Senegal wiederum hat die EU seit einigen Jahren kein Abkommen mehr. "Auch wenn es kein Abkommen mit der EU gibt, so fischen doch europäische Schiffe vor unseren Küsten - sie tun dies in Zusammenarbeit mit senegalesischen Firmen", berichtet Ameth Wade aus dem Senegal. "Sie haben doch von illegaler Einwanderung gehört. Was war der Grund? Wir haben keine Fische mehr. Unsere Küsten sind leergefischt. Nicht einmal Sardinen gibt es mehr auf den Märkten zu kaufen. Wenn wir keine Fische mehr haben, uns um unser Schicksal sorgen, dann werden wir alle nach Europa kommen und fordern, dass Ihr mit uns teilt."

"Von afrikanischen Fischern kaufen"

Fisch sei Naturgut und gehöre allen, so beide Fischer aus Westafrika; alle müssten davon profitieren können. Dazu brauche es Regelungen, meint Harouna Ismael Lebaye aus Mauretanien: "Die EU sollte um weniger Lizenzen ansuchen, vor allem um weniger Lizenzen für Boote, durch die am Meeresgrund großflächig und wahllos gefangen wird. Das zerstört den Lebensraum und das gesamte Ökosystem. Ein weiterer Vorschlag: Europäische Firmen sollten direkt in Kontakt mit afrikanischen Fischern treten, um Fisch und Meeresfrüchte direkt von ihnen zu kaufen."

Lobbying mit Greenpeace-Hilfe

In den kommenden Wochen wird die EU-Kommission Reformvorschläge zur Fischereipolitik vorlegen. Bis dahin werden die Fischer aus Westafrika weiter durch Europa reisen und ihre Sicht der Folgen der europäischen Fischereipolitik schildern. Hinter dieser Lobbying-Tour steht die Umweltorganisation Greenpeace.