Unsicherheitsfaktor Mensch

Industriespionage

Sicherheitsorgane, die sich um den Schutz von Personen, Gebäuden und Logistik kümmern haben ein Dilemma. Wenig Kontakt zu den Kollegen der IT Abteilung und der beste Safe nutzt nichts, wenn interne Informationen von Mitarbeitern mit "Freunden" auf Facebook diskutiert werden.

Für diejenigen, die das Geschäft mit der Sicherheit schon lange betreiben, bleibt allen Unkenrufen zum Trotz der Mensch ein wichtiger Faktor. Davon könnten auch die Apologeten der IT-Lösungen einiges lernen. Denn im Grunde genommen, Überwachungstechnik hin oder her, sind die Grundprinzipien im Bereich Sicherheit noch immer dieselben.

Folgen Sie dem Geld

Als Ermittler würde er auch heute bei Kriminellen nach einem Verhaltensmuster suchen, und dem Geld folgen, meint Mick Moritz. Er diente als Nachrichtenoffizier beim US Militär und er war Präsident der ASIS, der Amerikanischen Gesellschaft für Industriesicherheit. Heute leitet Mick Moritz sein eigenes Sicherheitsberatungsunternehmen Moritz Associates in Pennsylvania, USA.

Selbst nach über 40 Jahren Berufserfahrung im Bereich Sicherheit, im Auftrag der Regierung wie auch von Privatunternehmen, lautet sein Credo: Das größte Sicherheitsrisiko ist ein Management, das es nicht schafft, seinen Mitarbeitern klar zu machen, wie wichtig sie für das Unternehmen sind und welchen Wert ihr Wissen hat. Nicht nur für das Unternehmen selbst, sondern auch für die Konkurrenz.

Wertschätzung und Wissen

"Das Problem ist, dass wir unsere Angestellten nicht richtig schulen und führen", meint Moritz. Damit bleibt es jedem einzelnen überlassen zu erahnen, worin seine Aufgabe besteht und welchen Wert sie für die Firma hat. "Sie tun das, was sie denken, dass wir von ihnen erwarten. Wenn wir sie über den Wert ihres Wissens und ihrer Arbeit im Unklaren lassen, dann werden sie ihre Informationen auch an jeden weitergeben, der sie danach fragt."

Was Mitarbeiter wissen, wenn sie den ganzen Tag am Empfang stehen oder die Einfahrt bewachen, wenn sie die internen Berichte lesen oder Dokumentationen verfassen, das weiß die Konkurrenz meist mehr zu schätzen als ihre Chefs.

Das in Erfahrung zu bringen, muss man jetzt nicht gleich "Spionage" nennen, meint Mick Moritz. Es gibt noch eine Vorstufe, so etwas wie eine intelligente Art und Weise, mit der sich Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren Konkurrenten verschaffen können. Fachmessen eignen sich dazu genauso wie ein Blick in die Zeitung, das Grundbuch oder ein paar kurze Telefonate mit der Logistikabteilung, um zum Beispiel in Erfahrung zu bringen, wie viel Verpackungsmaterial ein Unternehmen im Monat benötigt.

Wie das geht, erzählt Mick Moritz: "Sie sind zum Beispiel der Diensthabende Vorarbeiter am Hafen. Ich rufe Sie an und frage: wie viele Pakete werden heute Abend verschifft. Sie erzählen es mir. Ich multipliziere diese Zahl und vergleiche sie mit den anderen Daten und habe jetzt eine Bestätigung, dass meine Information stimmt."

Spionage leicht gemacht

Diese Vorgangsweise nennt man "social engineering". Ein Report des amerikanischen Telekommunikationsunternehmens Verizon aus dem Jahr 2010 besagt, dass die Datenverletzungen aufgrund von "social engineering" Techniken in den USA um 15 Prozent zugenommen haben. Dahinter stecken allerdings immer weniger sogenannte "Geschäftspartner" sondern Branchenexterne Kriminelle.

Vom Insiderhandel mit Daten sei heute vor allem das amerikanische Secret Service betroffen, schreibt Verizon. Das Wachstum von 26 Prozent im Bereich Insiderhandel wird fast ausschließlich den Agenten und dem unautorisierten Handel mit Geheimdaten zugerechnet. In der Industrie trägt nicht nur ein kurzes Schwätzchen mit dem Pförtner, dem Sekretär und der Logistikabteilung dazu bei, dass die Konkurrenz an Informationen kommt, heute genügt ein Blick in soziale Mediennetzwerke.

Denn Facebook & Co eignen sich nicht nur vorzüglich dafür, um herauszufinden wer wann seinen Urlaub plant, sondern auch welcher Konkurrent sich gerade um einen öffentlichen Auftrag bemüht. Ganz einfach, weil plötzlich der Bürgermeister oder Gemeindebedienstete der Stadt X als sogenannter Facebook "Freund" angeführt wird.

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