Peter Sellars inszeniert Toni Morrison

Desdemonas Antwort

Vor zwei Jahren hat der amerikanische Theater- und Opernregisseur Peter Sellars Shakespeares "Othello" in Wien gezeigt. Nun kommt Desdemonas Antwort als Dialog zwischen der schwarzen amerikanischen Literaturnobelpreisträgerin Toni Morrison und der außergewöhnlichen Musikerin Rokia Traoré aus Mali. Am Sonntag hat "The Desdemona Project" bei den Festwochen Premiere.

Mittagsjournal, 12.05.2011

Aus den "Othello"-Proben entstanden

Peter Sellars ist seit langem den Wiener Festwochen verbunden. Richtungweisend war sein "New Crowned Hope"-Festival im Mozartjahr. Und dann eben "Othello" im Jahr 2009. "Othello" ist für ihn ein schwieriges, ein geheimnisvolles Stück. Was denkt Desdemona eigentlich, die von ihrem Mann, dem schwarzen Titelhelden William Shakespeares erwürgt wird? Diese Frage hat Peter Sellars schon bewegt, als er vor zweieinhalb Jahren in New York mit dem Hollywoodstar Philipp Seymour Hofmann den "Othello" probte und Toni Morrson oft bei den Proben vorbeischaute.

Die Nobelpreisträgerin versprach, Sellars damals einen Text über Desdemona zu schreiben. Rokia Traoré, die großartige Musikerin aus Mali sollte die Musik schaffen. Beide waren bald via Internet miteinander in Kontakt, so entstand ein Dialog zwischen Bamako und New York.

Nach Wien wird die achtzigjährige Toni Morrison nicht kommen, sie bleibt dieser Tage lieber zu Hause. Aber sie ist mit ihrem Herzen dabei, schließlich geht es in "The Desdemona Project" um Afrika, so Peter Sellars.

Aktueller Zeitkommentar

Ein ungewöhnlicher Festwochenabend wird das sein, nicht Theater, nicht Konzert, etwas ganz eigenes, meint Peter Sellars. Und natürlich, wie immer bei Peter Sellars, wird die Festwochenproduktion, die von Wien aus in die Welt aufbrechen wird, auch aktuelle, politische Kommentare nicht scheuen. Auch zur Frage, wie geht es nach der Gewalt, nach Krieg, nach Terror weiter?

Die Tötung Osama Ben Ladens durch amerikanische Spezialeinheiten nimmt Sellars als nunmehr gegebenes Faktum, obwohl er die Vorgangsweise natürlich nicht gutheißen kann. Als unverbesserlicher Optimist hofft er, dass nun das einundzwanzigste Jahrhundert noch einmal neu beginnen könne, also vor den Terroranschlägen vom 11. September.

Ein nachträgliches Argument ist bei der Diskussion um die Rechtmäßigkeit von Ben Ladens Tod für Peter Sellars dabei von entscheidendere Bedeutung: Dass Barack Obama dadurch innenpolitisch gestärkt sei und eine Chance hat, noch einmal gewählt zu werden und das sei besser als alles andere.

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Wiener Festwochen - Desdemona