"La Storia" im Filmmuseum

Italienische Geschichte im Film

Italien feiert heuer 150 Jahre Staatsgründung. Das Wiener Filmmuseum begibt sich mit der Filmschau "La storia" auf einen cineastischen Streifzug durch die Geschichte des Landes, dessen Kampf um Einheit auch ein permanenter Zustand der Gespaltenheit ist. Mit Filmen von Blasetti, Rossellini, Bertolucci und Mario Martone werden Epochen der italienischen Geschichte beleuchtet.

Enge Verschränkung

Die Anfänge der Revolution in Mario Martones "Noi credevamo". Das Risorgimento als historische Grundlage für ein geeintes Italien. Die Landung der alliierten Truppen im Zweiten Weltkrieg. In Roberto Rossellinis "Paisà" ein Streifzug durch ein vom Faschismus befreites Italien. Oder der Abschiedsbrief Aldo Moros vor seiner Ermordung durch die Roten Brigaden in Marco Belocchios "Buongiorno notte.

"La storia" ist eine mosaikartig zusammengestellte Schau, die anhand einer breiten Palette filmischer Positionen ausgewählte Stationen der italienischen Geschichte von verschiedenen Blickpunkten beleuchtet. Dabei fällt schnell auf, wie eng die Verschränkung von Filmgeschichte und nationaler Geschichte in Italien ist - zumindest von der Zeit des Faschismus bis in die 1970er Jahre, meint Alexander Horvath, Direktor des Filmmuseums.

Voraussetzung bei der Auswahl der Filme war, dass diese eine Haltung gegenüber historischen Ereignissen einnehmen, Geschichte aus einem spezifischen Blickpunkt betrachten und nicht nur vor einem historischen Hintergrund spielen.

Der "Preis der Einheit"

Bei den Filmen des Neorealismus, unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, verlässt man die historische Perspektive beinahe gänzlich. Filme wie Roberto Rossellinis "Paisà" widmen sich ihrer nahen Vergangenheit, der Gegenwart, dem Ende des Krieges.

In "Paisà" wird der Einmarsch der Alliierten zum Streifzug durch ganz Italien. Bilder aus dem Alltag des Landes werden auf der Leinwand zur Identitätssuche und sollen in den Wirren der Nachkriegszeit ein Einheitsgefühl vermitteln, das Gefühl eines geeinten Italiens, das seine Wurzeln im Risorgimento hat.

Jene fast 60 Jahre andauernde Epoche, in der die Vereinigung der damals eigenstaatlichen Fürstentümer und Regionen des heutigen Italiens angestrebt wurde, ist Thema mehrerer Filme, die im Rahmen von "La Storia" zu sehen sind. In Luchino Viscontis "Gattopardo" oder "Allonsafan" der Gebrüder Taviani, und schließlich auch in Mario Martones Film "Noi Credevamo". In Italien werde der Film als Film über die Gegenwart gelesen, so Alexander Horvath. Gespaltenheit im revolutionären Lager als Kritik an einer uneinigen Linken heute. Im Film wird vom Preis der Einheit gesprochen, eine Einheit, die etwa die Lega Nord mit ihren anhaltenden Unabhängigkeitsbestrebungen seit Jahren immer wieder in Frage stellt.

Keine Filme in/aus der Ära Berlusconi

So ist es nach 150 Jahren italienischer Einheit immer auch die Zerrissenheit, die sich wie ein roter Faden durch die italienische Filmgeschichte zieht - eine Filmgeschichte, die dabei immer eine Konstante in der italienischen Kulturlandschaft war. Vom Stummfilm über den Neorealismus, bis hin in die 1960er und 70er Jahre mit Regisseuren wie Fellini oder Antonioni hat Italien eine faszinierende Kinotradition aufgebaut, die aber dann plötzlich abgerissen ist. Vom Fernsehen zurückgedrängt, von billigen Produktionen überrannt, von der Kulturpolitik totgespart. Qualitativ hochwertige Filme, die sich mit der Gegenwart auseinandersetzen, seien rar, so Horvath.

"La storia" bietet in 30 Filmen einen vielseitigen Streifzug durch die italienische Filmgeschichte, in der sich die Geschichte des Landes spiegelt. Die Ära Berlusconi glänzt dabei durch Abwesenheit - auch das in gewisser Weise ein Spiegelbild der kulturpolitischen Realität.

service

Filmmuseum - La Storia