Tauziehen um Strauss-Kahn-Nachfolge

Nächster IWF-Chef ein Chinese?

Nach dem Rücktritt von Dominique Strauss-Kahn als Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) ist die Debatte um die Nachfolge voll entbrannt. Während die Europäer auf einen Vertreter aus ihren Reihen pochen, meldet sich nachdrücklich auch China zu Wort.

Analyse von Raimund Löw

im Mittagsjournal-Gespräch am 19.05.2011 mit Hubert Arnim-Ellissen

Gewohnheitsrecht der Europäer?

Chef des IWF war bisher in der Regel ein Europäer. Seit Ende 2007 war dies der Franzose Strauss-Kahn, der nun nach einer Sex-Affäre zurückgetreten ist. Der spätere deutsche Bundespräsident Horst Köhler stand von 2000 bis 2004 an der IWF-Spitze. Zunehmend drängen aber auch Schwellenländer darauf, diese Spitzenposition zu besetzen.

Chinesen zeigen auf

So hat China nun seine Haltung in der Führungsdiskussion um den IWF bekräftigt: "Im Prinzip glauben wir, dass Schwellen- und Entwicklungsländer in Spitzenpositionen vertreten sein sollten", sagte eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums. Die Auswahl eines Kandidaten sollte auf Kriterien wie Leistung, Transparenz und Fairness basieren.

Wieder Frankreich?

Dem stehen Wortmeldungen aus Europa gegenüber: Die französische Regierung hat Finanzministerin Christine Lagarde als Nachfolgerin ins Gespräch gebracht. Lagarde gilt als Kandidatin, die auch von anderen europäischen Ländern unterstützt werden könnte. Allerdings besetzte Frankreich schon mehrmals den IWF-Spitzenposten, und außerdem drohen Lagarde Ermittlungen, weil sie eine Entscheidung zugunsten des französischen Skandalunternehmers Bernard Tapie beeinflusst haben soll. Dennoch genießt Lagarde einen guten Ruf. Es wird sich zeigen, ob Staatschef Sarkozy seine Ministerin ein Jahr vor der Wahl ziehen lässt.

Schwellenländer "langfristig"

Auch nach Auffassung des deutschen Finanzministeriums sollte der neue IWF-Chef erneut aus Europa kommen. Erst langfristig sollte ein Vertreter der Schwellenländer zum Zug kommen, so ein Sprecher des deutschen Finanzministers, der keine Namen nannte. In früheren Spekulationen wurde der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, genannt. Auch der scheidende EZB-Präsident Jean-Claude Trichet ist im Gespräch.

UNO-Sonderorganisation

Der Internationale Währungsfonds (IWF) ist in der weltweiten Finanzkrise zu einem der wichtigsten Krisenhelfer aufgestiegen. Die Sonderorganisation der Vereinten Nationen greift ein, wenn Staaten Finanzschwierigkeiten haben oder ihnen der Bankrott droht. Der IWF wurde 1944 zusammen mit der Weltbank in Bretton Woods (USA) gegründet. Ziel war es, nach dem Zweiten Weltkrieg ein neues Weltwirtschaftssystem mit stabilen Wechselkursen einzuführen. Die Zusammenarbeit in der Währungspolitik und im internationalen Zahlungsverkehr sollte gefördert werden. Die Kapitaleinlagen (Quoten) der mittlerweile 187 Mitgliedsländer richten sich unter anderem nach der Stärke ihrer Volkswirtschaft. Die Quote bestimmt auch das Mitspracherecht. Der Einfluss aufstrebender Schwellenländer - etwa Chinas oder Indiens - beim IWF wurde zuletzt mit einer Stimmrechts- und Quotenreform erhöht.

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