Bühnenfassung von Ivo van Hove
Cassavetes' "Opening Night"
Theater ist nicht nur Bühne, sondern ein eigener Mikrokosmos: Diese Erkenntnis scheint Ivo van Hove mit seiner Bühnenfassung von John Cassavetes "Opening Night" vermitteln zu wollen.
26. April 2017, 12:46
Kulturjournal, 24.05.2011
Das Bühnenbild in diesem Stück ist ein Theaterbetrieb im Querschnitt: Bühne, Garderobe und Aufenthaltsräume, Tonmeister und Lichtregie sind in der Szenerie enthalten; sogar einen Zuschauerraum, in dem Teile des Publikums Platz nehmen können und somit Teil der Ausstattung werden, hat von Hove auf die Bühne bauen lassen. Im Stück "Opening Night" aus dem Jahr 2006 wollen der flämische Regisseur und seine Theatergruppe Toneelgroep Amsterdam das Theaterleben so authentisch wie möglich darstellen.
Krise einer Schauspielerin
Im Mittelpunkt der Handlung steht die berühmte Theaterschauspielerin Myrtle Gordon. In ihrem neuesten Broadway-Stück soll sie eine Frau spielen, die wie sie mittleren Alters ist und sich mit dem Ende ihrer Jugend abfindet. Myrtle überträgt die Rolle auf ihre eigene Person, rebelliert gegen die Resignation vor dem Alter und fällt während der Proben für das Stück in eine Krise.
In der Rolle von Myrtle brillierte im Filmklassiker der 1970er Jahre John Cassavetes' Ehefrau Gena Rowlands. Überzeugend verkörperte sie die alkoholkranke Künstlerin, an deren Lebenskrise nicht nur sie selbst leidet, sondern die ganze Theatergruppe. Immerhin ist die "Opening Night", also die erste Aufführung des neuen Stücks, durch Myrtle massiv gefährdet. Regisseur Ivo van Hove geht es vor allem darum, das Theater als soziales Gefüge darzustellen.
Trennung zwischen Bühne und Publikum aufgehoben
So wie bei Myrtle Gordon die Grenzen zwischen Privatperson und Theaterrolle verschwimmen, so ist im ganzen Stück die Trennung zwischen der Bühne und der privaten Sphäre aufgehoben. Von der Garderobe bis zum Regieplatz spielt sich oft vieles gleichzeitig ab. Auch das Medium Film setzt Ivo van Hove ein: So kreist während des gesamten Stücks ein Kamerateam um die Darsteller, deren Gesichter in Nahaufnahme auf Großbildschirmen zu sehen sind. Die Interaktionen und Emotionen der Figuren im konkreten Moment mache für ihn die Qualität des Theaters aus, so van Hove.
John Cassavetes' "Opening Night" ist nicht der erste Film, den Ivo van Hove für die Bühne adaptiert hat. Auch für "Rocco und seine Brüder" von Luchino Visconti oder Ingmar Bergmans "Schreie und Flüstern" hat er bereits Bühnenfassungen geschrieben. Für van Hove handelt sich dabei allerdings nicht um Reinterpretationen der Filmvorlage, er beteuert, den Film "Opening Night" bis heute nicht gesehen zu haben.
"Opening Night" wird nun erstmals im deutschsprachigen Raum gezeigt. Das Stück wird auf Niederländisch aufgeführt und mit deutschen Übertiteln versehen.
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Wiener Festwochen - Opening Night