"Kleine Verwaltungsreform"
Seltene Initiative des Bundesrates
In der Regel hat der Bundesrat vor allem die Funktion, Gesetze abzunicken, die der Nationalrat beschlossen hat - was immer wieder eine Diskussion über seine Sinnhaftigkeit auslöst. Heute ist es anders: Zum zweiten Mal in seiner Geschichte wird der Bundesrat, die Länderkammer im Parlament, selbst ein Gesetz auf den Weg bringen und beschließen.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 01.06.2011
Mehr Gemeindekooperationen
Auf Initiative von ÖVP und SPÖ soll den Gemeinden ermöglicht werden, in der Verwaltung mehr zusammenzuarbeiten und damit Geld zu sparen. Gemeinden können zwar schon jetzt zusammenarbeiten, aber nur in kleinem Rahmen, etwa bei der Müllabfuhr. Durch die Gesetzesänderung sollen die Möglichkeiten für die Gemeinden jetzt stark ausgedehnt werden, zum Beispiel, dass Gemeinden auch bezirks- oder länderübergreifend in der Verwaltung zusammenarbeiten, sagt Bundesratspräsident Gottfried Kneifel (ÖVP).
"Kleine Verwaltungsreform"
Neu ist auch, dass sich Gemeinden die Aufgaben teilen können, die sie als Behörde wahrnehmen. Eine Gemeinde könnte zum Beispiel als Bauamt fungieren, die andere dafür als Meldeamt. Für den Vorsitzenden der SPÖ-Fraktion im Bundesrat Gerald Klug ein beispielgebendes Gesetz - "eine kleine Verwaltungsreform".
Sparpotenzial
Die Reform könnte auch einiges Geld in die vielerorts leeren Gemeindekassen spülen. Bis zu 800 Millionen Euro könnten die Gemeinden so einsparen, sagt Bundesratspräsident Gottfried Kneifel, der sich auf Berechnungen der Uni Linz stützt. Die Gemeinden könnten über das ersparte Geld dann selber verfügen und für "wichtigere Dinge als die Verwaltung" ausgeben.
Mehrheit kein Problem
Den Gesetzesantrag bringen ÖVP und SPÖ gemeinsam ein, die Freiheitlichen werden ihn unterstützen. Dann muss noch der Nationalrat seinen Sanctus geben, was noch vor der Sommerpause passieren und eine reine Formalsache sein sollte, sagen sowohl Kneifel als auch Klug. Im Oktober soll das Gesetz in Kraft treten.
Signal des Selbstbewusstseins
Klingt alles ganz selbstverständlich, ist es aber nicht. Denn dass der Bundesrat von sich aus ein Gesetz vorschlägt und beschließt, ist erst ein Mal vorgekommen: voriges Jahr eine Gesetzesänderung zum Lissabon-Vertrag. Bundesratsmitglied Gerald Klug von der SPÖ findet daher auch große Worte und spricht von einem "historischen Tag für den Bundesrat". Damit bringe man sich aktiv in die Gesetzesinitiative ein und will auch all jenen entgegentreten, die in alljährlich wiederkehrenden Debatten die Sinnhaftigkeit des Bundesrates anzweifeln und dessen Abschaffung fordern. Man wolle neues Selbstbewusstsein signalisieren und zeigen, dass auch der Bundesrat etwas bewegen könne, so Bundesratspräsident Gottfried Kneifel. Warum der Bundesrat nicht schon öfter Gesetze initiiert hat, weiß Kneifel auch nicht so recht. In Zukunft werde sich das aber ändern, gibt er sich zuversichtlich.