Pensionen, Pfusch und Zeitgeschichte
Drei Referenden gegen Regierung Sloweniens
Für die Mitte-Links-Regierung in Slowenien ist Sonntag ein politischer Lostag. Denn ihr wird eine Niederlage gleich bei drei Referenden vorhergesagt, zu denen 1,7 Slowenen aufgerufen sind. Abgestimmt wird über die Pensionsreform, die Schwarzarbeit und eine Einschränkung des Zugangs zu Archiven.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 04.06.2011
"Später in Rente?"
Die Pensionsreform ist das zentrale Reformvorhaben der Mitte-Links-Regierung unter dem Sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Borut Pahor. Herzstück der Reform ist die schrittweise Anhebung des Pensionsalters bis zum Jahre 2020 auf 65 Jahre, und zwar für beide Geschlechter. Derzeit liegt das gesetzliche Pensionsantrittsalter derzeit für Männer bei 63 und für Frauen bei 61 Jahren. De facto gehen die Slowenen jedoch bereits mit knapp 60 Jahren in den Ruhestand, während Frühpensionen bei langer Versicherungszeit in der Regel noch früher angetreten werden. Geplant sind auch längere Durchrechnungszeiten sowie ein Ausbau des Bonus-Malus-Systems je nach Pensionsantrittsalter.
"Gefahr für Sozialstaat"
Die Notwendigkeit der Reform erläutert in Laibach Arbeitsminister Ivan Svetlik: "Bereits mehr als 30 Prozent der Finanzmittel stammen aus dem Budget. Sollte das Pensionssystem nicht geändert werden und sich der Trend fortsetzen und der Anteil des Budgets weiter erhöhen, würde das auch andere Programme des Sozialstaates gefährden. Denn aus dem Budget finanzieren wir ja auch soziale Transferleistungen wie die Familienbeihilfe oder die Hilfe für Kinder."
"Arbeitsplätze für Ältere schaffen"
Die Notwendigkeit einer Pensionsreform bestreiten auch die Gewerkschaften nicht, doch hat es die Regierung Pahor nicht geschafft, mit den Arbeitnehmervertretern einen gemeinsamen Nenner zu finden. Durch das Sammeln von mehr als 40.000 Unterschriften erzwangen die Gewerkschaften dann das Referendum. Die Ablehnung begründet der Gewerkschafter Dusan Semolic: "Falsch ist es, dass die Regierung das Wesen der Reform darauf aufbaut, die Alten zu zwingen länger zu arbeiten. Dabei sagen die Arbeitgeber, dass es keine Arbeitsplätze für Alte gibt. Anderseits haben wir mehr als 110.000 Arbeitslose, die gerne arbeiten würden, ohne dass es Arbeit gibt. Das gleiche gilt für eine große Zahl an Schulabgängern. Das Wesen der Reform muss daher in zwei Richtungen gehen: Vor allem muss man sich um die Gesundheit der alten Menschen kümmern. Außerdem muss man den Unternehmern Anreize schaffen, damit sie wiederum Arbeitsplätze schaffen und zwar für ältere Menschen und für Arbeitslose."
Interesse aus Österreich
Nach allen Umfragen werden die Argumente der Gewerkschaft bei den Slowenen mehr Gehör finden als die der Regierung. Doch nicht nur die Pensionsreform dürfte morgen beim Referendum scheitern, sondern noch weitere zwei Gesetzesvorhaben, über die ebenfalls abgestimmt wird. Es sind dies das Gesetz über die Schwarzarbeit sowie ein Gesetz, mit dem der Zugang zu Dokumenten der ehemaligen kommunistischen Geheimpolizei erschwert werden soll, die im Staatsarchiv liegen. Dieses dritte Referendum ist auch für die Österreich von besonderem Interesse, weil vor allem in Dokumenten der kommunistischen Geheimpolizei noch so manche Informationen zu den Anschlägen enthalten sein können, die in den 70iger Jahren in Kärnten stattgefunden haben.
Regierung bleibt dennoch
Am schmerzlichsten wird für die Regierung natürlich das voraussichtliche Scheitern der Pensionsreform sein; trotzdem heißt das noch nicht, dass es zwangsläufig zu vorgezogenen Wahlen kommen muss. So hat die Regierung schon vor einigen Monaten formell die Mehrheit konnte sich aber durch wilde Abgeordnete und die beiden Vertreter der nationalen Minderheiten noch immer über Wasser halten. Außerdem ist auch die konservative Opposition unter Janez Jansa an einer möglichst langen politischen Agonie der Regierung Pahor interessiert, weil die Opposition nach Umfragen davon profitiert. Somit könnte die Regierung durchaus bis 2012 weiterwursteln, obwohl sie nach dem Sonntag de facto jede Handlungsfähigkeit endgültig verloren haben dürfte.