Arthur Menoba, 21
Nicht mehr in Österreich
Der Gambier Arthur Menoba (Name geändert) wurde im April 2011 in seine Heimat abgeschoben und ist seitdem von seiner Lebensgefährtin und der gemeinsamen zweijährigen Tochter getrennt.
8. April 2017, 21:58
Das Kleinkind vermisst den Vater
Corinna Singer (Name geändert) holt die zweijährige Zara von der Krabbelstube ab. Die Kleine hat schon am Gartentor gestanden und auf die Mutter gewartet. Die Schicht der 21-Jährigen als Reinigungskraft ist vorbei. 800 Euro verdient sie mit dem 25-Stunden-Job und hält damit sich und die Tochter über Wasser. "Arthur hat immer auf die Kleine aufgepasst, während ich arbeiten war. Er durfte als Asylwerber ja nicht arbeiten", erzählt sie. Und weiter: "Zara vermisst ihren Vater. Jeden Tag in der Früh läuft sie durch die Wohnung und sucht ihn. Wenn sie auf der Straße einen Schwarzen sieht, glaubt sie, dass es der Papa ist und beginnt zu spinnen und zu schreien".
Hoffen auf das Unwahrscheinliche
Corinna Singer atmet tief durch, ihre Stimme bricht. Sie ist enttäuscht und wütend. Vor vier Jahren hat sie Arthur Menoba auf einem Basketballplatz kennengelernt. Sie waren beide noch Teenager, verliebten sich ineinander und sie wurde schwanger. Die Probleme fingen an, als Arthur Menoba volljährig wurde. Sein Asylantrag war abgelehnt worden und täglich drohte die Abschiebung. Die jahrelange Bedrohung war kräfteraubend, sagt Corinna Singer, aber sie war überzeugt, dass es trotzdem nicht passieren würde.
Mangelnde Umsetzung der EU-Richtlinien
Wie ist das eigentlich möglich, dass ein Familienvater abgeschoben wird? Hat die Tochter nicht ein Recht auf ihren Vater? Ob Familie oder nicht, darauf nimmt das österreichische Fremdenrecht kaum Rücksicht. Grundsätzlich gibt es in der EU Grundrechte, die gewähren, dass Eltern von EU-Bürgern ein Arbeits- und Aufenthaltsrecht zusteht. Der Europäische Gerichtshof hat dieses Grundrecht im März 2011 mit einer Entscheidung bestätigt und festgehalten, dass Eltern von EU-Bürgern automatisch ein Arbeits- und Aufenthaltsrecht zusteht. Aber obwohl Österreich dazu verpflichtet wäre, hat es diese Richtlinie noch nicht umgesetzt und hat Arthur Menoba abgeschoben.
Zusätzliche Hürde: Geld
Corinna Singer will zusammen mit den Anwälten des Migrantinnenvereins St. Marx alles daran setzen, dass er wieder zurückkommen kann. Dafür gibt es aber noch zusätzlich eine finanzielle Hürde. Sie müsste mindestens 1.300 Euro netto pro Monat verdienen. 1.300 Euro für eine alleinerziehende Mutter, die als Reinigungskraft arbeitet - sie hat keine Ahnung, wie sie das schaffen soll.
Bereits die zweite Abschiebung
Vor einem Jahr wurde er beinahe abgeschoben. Um sieben Uhr am Abend standen zwei Polizisten und vier Cobra-Beamte in der Wohnung. Er hatte ein paar Minuten Zeit, sich von ihr und seiner Tochter zu verabschieden, eine Tasche zu packen und bald darauf saß er im Flugzeug. In der Nacht vor der Abschiebung hatte sich Arthur Menoba Schnittwunden an den Armen und am Körper zugefügt. Bei der Zwischenlandung in Brüssel untersucht ihn ein belgischer Arzt und erklärt, dass seine gesundheitliche Verfassung zu schlecht für eine Abschiebung sei. Arthur Menoba wurde nach Österreich zurückgeschickt und wieder in Schubhaft gesteckt. All das erfuhr Corinna Singer erst später.
Besuch in der Schubhaft
"Ich habe eine Woche lang nicht gewusst, wo er ist. Dann hat er mich angerufen und ich habe ihn in der Schubhaft besucht. Zuerst wollten sie mich nicht mit ihm sprechen lassen. Dann haben sie ihn doch geholt, er ist gekommen, in Handschellen, links und rechts von je einem Polizisten begleitet. Er ist normal ziemlich schwarz, aber ich kann mich erinnern, er war weiß im Gesicht."
Abschiebung trotz offenen Verfahrens
Nach einigen Wochen in Schubhaft wurde er dann plötzlich von einem Tag auf den anderen freigelassen. Sein zweites Asylverfahren war damals noch nicht abgeschlossen und ist es bis heute nicht. Seit einer Gesetzesnovelle des Fremdenrechts im Jahr 2010 ist es erlaubt, Menschen abzuschieben, deren Asylverfahren noch offen ist. Vor zwei Monaten wurde Arthur Menoba wieder abgeholt und diesmal nach Gambia deportiert.
Wie nach Gambia gelangen?
"Jetzt ist er wieder in Gambia, in Banjul, bei seiner Mama zu Hause und versteckt sich. In Afrika glauben viele, dass es in Europa so toll ist, man sofort einen gutbezahlten Job bekommt und jeder viel Geld hat. Und er ist mit Nichts zurückgekommen. Jetzt traut er sich nicht auf die Straße, weil er sich schämt."
Corinna Singer und Arthur Menoba telefonieren täglich. Tränenreiche Gespräche seien das, erzählt sie. Und immer wieder dreht es sich um das Wiedersehen. Corinna Singer will gemeinsam mit Zara nach Gambia fliegen, damit die Familie zumindest für kurze Zeit wieder zusammensein sein kann. 1000 Euro kostet der Flug. Sie schafft es nicht, das Geld zusammenzukratzen.
"Ich muss von mir selber sagen, ich hab das Glück, ich bin eine starke Frau, hab schon viel erlebt, da beiß ich mich halt durch, es ist zwar hart, aber es ist so."
Service
Spendenkonto (beim Verein Schmetterling)
Kennwort "Vater"
Erste Bank Österreich
Bankleitzahl 20111
Konto Nummer 287 166 030 00
Verein Schmetterling
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