Die Inszenierung einer Diktatur

Oper im Nationalsozialismus

Die Oper war ein Steckenpferd Adolf Hitlers. Dem NS-Regime genehme Musiker, Komponisten und Regisseure wurden während der NS-Zeit massiv gefördert. Karrieren nahmen ihren Anfang und wurden oft bruchlos nach dem Ende der Naziherrschaft fortgesetzt. Gleichzeitig verloren viele Musikerinnen und Musiker Anstellungen und Auftrittsmöglichkeiten, sie wurden getötet oder vertrieben.

Oper als kulturelles Symbol

Die Opernleidenschaft Adolf Hitlers ist allseits bekannt. Für den Diktator war das Musiktheater aber mehr als nur ein Hobby, sondern auch ein kulturelles Symbol und ein Anknüpfungspunkt zu den gesellschaftlichen Eliten. Die Festspiele in Bayreuth, von denen Richard Wagner behauptet hatte, er habe damit "den Deutschen eine eigenständige nationale Kunst geschaffen", wurden von Hitler zur Verherrlichung des Nationalsozialismus und des Dritten Reiches genutzt.

Kunst feiert Staat

Ein erklärtes Ziel der NS-Kulturpolitik war es, eine "erneuerte", gemeinschaftsstiftende Oper zu schaffen. Die Politik zielte zusätzlich darauf ab, öffentlichen Aufführungen den Charakter einer feierlichen, säkularisierten Repräsentationshandlung zu verleihen. Im Konzert und in der Oper sollte mit der Kunst auch der sie tragende Staat gefeiert werden.

Die Begründungen für "gute" oder "schlechte" Opernmusik im Sinne der Nationalsozialisten waren zumeist rein rassistischer und ideologischer Art. Mit verbindlichen ästhetischen Kriterien tat sich die nationalsozialistische Musikkritik schwer. Jeder Fall wurde einzeln bewertet und entschieden.

Verhätschelte Staatskünstler

Das NS-Regime förderte ausgewählte Musiker, Komponisten und Regisseure massiv. Der von manchen politischen Parteien immer wieder gern gebrauchte Begriff des "verhätschelten Staatskünstlers" scheint hier tatsächlich angebracht.

Es gab Steuererleichterungen, Empfänge, und ab dem Jahr 1944 die sogenannte "Gottbegnadeteten-Liste", in der auch die für das Regime wichtigsten Musiker aufgelistet wurden, die vom Fronteinsatz freigestellt waren.

Berufsverbot für jüdische Musiker

Gleichzeitig verloren viele Musikerinnen und Musiker Anstellungen und Auftrittsmöglichkeiten: Alle nationalsozialistischen Kulturpolitiker stimmten darin überein, dass Juden - seien es Interpreten oder Komponisten - aus dem deutschen Musikleben auszuschließen wären.

Als Mittel dazu diente auf dem Gebiet der Musik die Reichsmusikkammer. Jüdische Musikerinnen und Musiker, egal wie erfolgreich oder angesehen sie waren, wurden nicht aufgenommen und damit praktisch mit einem Berufsverbot belegt.

Wiener Staatsoper während der NS-Zeit

An der Wiener Oper wurden sofort nach dem sogenannten Anschluss mit überraschender Geschwindigkeit unliebsame Mitglieder ausgeschlossen. 2008 versuchten die an der Oper beschäftigten Dramaturgen Andreas und Oliver Láng, die Lebensgeschichten der Vertriebenen, Verfolgten und ermordeten Ensemblemitglieder und des administrativen und technischen Personals zu rekonstruieren. Es war die erst derartige Recherche an der Wiener Oper. Niemand entkam damals dem perfekt organisierten Spitzel- und Denunziations-Apparat. 92 Personen wurden entlassen, viele davon vertrieben oder ermordet.

Beschämend war der Umgang Wiener Staatsoper mit dem Erbe der NS-Zeit nach dem Kriegsende: Nur wenige der für die Entlassungen und Bespitzelungen Verantwortlichen wurden für ihr Verhalten zur Rechenschaft gezogen. Konsequenzen zog daraus nur eine unbelastete Sekretärin, die aus Protest über diesen nahtlosen Übergang im Jahr 1945 ihre Kündigung einreichte.