Schumanns Stücke für den Pedalflügel

Das falsche Instrument?

Der Grund, warum Robert Schumann seine sechs "Studien für den Pedalflügel" op. 56 als Stücke in kanonischer Form komponierte, liegt nicht nur in seiner Verehrung für Bach und die alte Form der Fuge und des Kanons, sondern in diesem Falle auch beim Instrument. Der so genannte "Pedalflügel" hatte es Schumann angetan.

Eine neuartige Konstruktion, die dem Pianisten ein ganze Pedalklaviatur im Umfang des Orgelpedals gibt. Das heißt wie ein Organist konnte der Klavierspieler nun mit den Füßen eine Bassstimme zum Spiel seiner beiden Hände hinzufügen. Ursprünglich war das Instrument für Übezwecke konstruiert, damit Organisten auch zu Hause am "Klavier" den Pedalpart üben konnten. Schumann aber wollte noch mehr in dieser Konstruktion sehen als nur ein Behelf zum üben.

"Ganz wundervolle Effekte"

Clara Schumann schreibt in ihr Tagebuch: "Am 24. April (1845) erhielten wir ein Pedal unter den Flügel zur Miete, was uns viel Vergnügen schaffte. Der Zweck war uns hauptsächlich, für das Orgelspiel zu üben. Robert fand aber bald ein höheres Interesse für dies Instrument und komponierte einige Skizzen und Studien für den Pedalflügel, die gewiss großen Anklang als etwas ganz Neues finden werden."

Aber Clara irrte sich: Die Stücke wurden zwar geschätzt und etliche Male bearbeitet für Klavier zu vier, drei oder zwei Händen oder für zwei Klaviere, und das von namhaften Komponisten wie Bizet oder Debussy bearbeitet, aber - wie man an diesen Bearbeitungen sieht - der Pedalflügel konnte sich nicht durchsetzen. Da half es auch nichts, dass Schumann an seinen Verleger schrieb: "Offen gesagt, ich lege einiges Gewicht auf die Idee, und glaube, dass sie mit der Zeit einen neuen Schwung in die Claviermusik bringen könnte. Ganz wundervolle Effekte lassen sich damit machen."

Aufnahmen mit verschiedenen Instrumenten

2004 hat Martin Schmeding auf einem Pedalflügel der Firma Pleyel aus dem 19. Jahrhundert die Schumanns Studien op. 56 und die Skizzen op. 58 aufgenommen. Es ist die erste Originalklang-Einspielung neben etlichen Aufnahmen mit modernem Klavier oder altem Fortepiano (auch eine Klaviertriofassung der "Studien" gibt es). Meistens sind Aufnahmen von Künstlern, die sich um Originalklang bemühen, besonders beeindruckend, neu, überraschend und - allein durch die historische Beschäftigung - mit besonderer Sorgfalt gemacht.

Sorgfältig ist der Pianist auch hier mit den Stücken umgegangen, aber das klangliche Resultat ist im besten Falle "interessant" zu nennen. Der Vergleich mit anderen Aufnahmen zeigt, wie überlegen das Fortepiano, vor allem aber auch der moderne Flügel in diesem Falle ist. Überlegen, was die klangliche Gestaltungsmöglichkeit und Raffinesse anbelangt.

Originalklang enttäuschend

Sowohl die langsameren der sechs "Studien für Pedalflügel" als auch die schnelleren wirken steif und hölzern, als müsste Martin Schmedling mit dem Instrument kämpfen. Schön zu hören etwa im fünften der sechs Stücke die "Basstupfer", die der Pianist hier mit dem Pedal anbringt - aber der Gesamtklang ist steif, ohne Agogik (auch bei den langsamen Sätzen), abgehackt und nüchtern.

Martin Schmeding (Pedalflügel)

Ob das am Instrument liegt oder am Interpreten ist schwer zu beurteilen. Tatsache ist allerdings (wie Schmedling im Booklet erklärt), dass der Pianist durch die Pedal-Tastatur kaum mehr einen Fuß frei hat, um die (durchaus vorhandenen) Haltepedale zu bedienen. Das heißt die Töne reißen ab, wo sie bei der Orgel weiterklingen, sofern die Taste gedrückt bleibt, und beim Klavier ebenso, sofern das Halte-Pedal gedrückt wird. Das erklärt den trockenen Klang, nicht aber die Gestaltungsarmut dieser Aufnahme.

Dreihändige Aufnahme

Federica Valli & Lorenzo Ghielmi haben Schumanns Studien in einer Version für Klavier dreihändig aufgenommen. Das alte Fortepiano von 1827, das sie benutzen, lässt dieses fünfter der sechs Stücke ein bisschen humorvoller erklingen, auch durch schärfere Akzente und eine andere, hellere Klangfarbe. Aber auch hier bleibt der Charakter dieser Staccato-Passage steif und hölzern, wie ein Marsch ohne Raffinesse.

Federica Valli & Lorenzo Ghielmi (Fortepiano)

Klangliche Raffinesse

Aber dieser Eindruck wird erst deutlich und übergroß im Vergleich mit der viel langsameren, delikateren Klavierversion von Piotr Anderszewski. Die klangliche und motivische Raffinesse ist unvergleichlich größer. Auch die Kanonform ist deutlicher hörbar. Man lobt immer die Klangvielfalt des alten Fortepianos. Hier aber ist das moderne Klavier auch klangfarblich überlegen und wesentlich variantenreicher.

Piotr Andserszeewski

Anderszewski greift nicht auf eine der bestehenden Fassung von Schumanns "Studien" für Klavier "zweihändig" zurück, sondern hat selbst diese Version arrangiert. So reizvoll der Originalklang der alten Klaviere oft ist (und vielleicht auch des Pedalflügels sein kann), bei diesen Stücken scheint das moderne Klavier überlegen.

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