Behörde ermittelt gegen Regierungspartei

Kroatien: Kampf der Korruption

In Kroatien steckt die jahrelang dominierende, konservative Regierungspartei HDZ in einer tiefen politischen Krise. Die Antikorruptionsbehörde ermittelt gegen die Partei, und zwar wegen Schwarzgeldkonten, mit denen in der Ära Sanader Wahlkämpfe finanziert worden sein dürften.

Mittagsjournal, 29.10.2011

Sanader wegen illegaler Provisonen angeklagt

Ivo Sanader ist der erste ehemalige Ministerpräsident in Kroatien, der sich wegen mutmaßlicher illegaler Provisionsannahme vor Gericht verantworten muss. Seine frühere Partei HDZ ist auch die erste Regierungspartei, gegen die eine Justizbehörde in Kroatien wegen Schwarzgeld-Konten ermittelt, und das nur einen Monat vor der Parlamentswahl, die wohl eine klare Niederlage für die HDZ bringen wird. Derartige Verfahren zeigen nicht nur, dass Kroatien die Korruption bekämpft; sie haben noch eine weitere Bedeutung, die der Leiter von Transparency International in Kroatien, Zorislav Petrovic, erläutert: „Die Kroaten haben nur ein sehr geringes Vertrauen in staatliche Institutionen und insbesondere in das Justizwesen. Daher sind derartige Prozesse enorm wichtig; denn das wichtigste für die Beseitigung der Korruption ist, dass bei den Bürgern das Vertrauen in alle öffentlichen Institutionen zurückkehrt.“

Illegale Wahlkampffinanzierung

Möglich wurden Verfahren gegen prominente und einflussreiche Kroaten erst unter dem massiven Druck der EU; von der Leine gelassen, zeigten Justiz und Polizei dann doch ihre Zähne, und ermitteln nun auch gegen die HDZ, obwohl es schon seit Jahren klare Hinweise für eine illegale Wahlkampffinanzierung gab; dazu sagt Zorislav Petrovic: „Bei den Parlamentswahlen 2007 haben wir die Medien-Ausgaben der Parteien gemessen, sprich die Minuten im Fernsehen und die Inserate in den Zeitungen. Bei der HDZ zeigten unsere Schätzungen, dass der Wert der gekauften Präsenz in den Medien weit größer war als angegeben. Ähnlich war es beim Wahlkampf für die Präsidentenwahl 2005 zwischen Amtsinhaber Stipe Mesic und Jadranka Kosor, die nun Ministerpräsidentin ist. Damals ging eine Schätzung dahin, dass die HDZ in der Kosor-Kampagne sechs Mal mehr ausgegeben hat als angegeben wurde.“

Klare Strafen für illegale Ausgaben

Doch das Gesetz über die Präsidentenwahl kannte damals nicht ein Mal eine Strafe für eine illegale Wahlkampffinanzierung. Doch seit heuer ist in Kroatien ein neues Gesetz über die Parteienfinanzierung in Kraft, das klare Strafen für illegale Ausgaben und eine klare Beschränkung der Wahlkampfkosten vorsieht. In diesem Gesetz sieht Transparency International einen großen Fortschritt; doch zwischen Theorie und Praxis klaffte in Kroatien leider noch eine große Lücke, betont Zorislav Petrovic: „Auf dem Papier erreicht Kroatien mit diesem Gesetz auf einer Skala von eins bis zehn eine Bewertung von mehr als neun. Doch in der praktischen Umsetzung liegt die Bewertung bei unter vier. Wir müssen unsere Gesetze einfach mit Leben erfüllen und sicherstellen, dass ein möglicher politischer Druck unmöglich oder nur sehr schwer auszuüben ist.“

EU-Beitritt

Doch bis zum EU-Beitritt bleiben noch zwei Jahre, und Verfahren wie gegen Ivo Sanader und eine äußerst kritische Öffentlichkeit dürften wohl auch nach der Parlamentswahl dafür sorgen, dass Korruption in Kroatien im Geschäftsleben weit weniger als bisher „part oft the game“ ist.