Ombudsstellen für alle Heimkinder gefordert

Missbrauchsopfer: "Kontrollmängel vermeiden"

Im Fall von mutmaßlichen Kindesmisshandlungen bei einer Pflegefamilie in Bad Mitterndorf gibt es jetzt eine Anklage. Pflegeeltern und Erziehern wird das "Quälen oder Vernachlässigen von Unmündigen" vorgeworfen. Der Betreiber Pro Juventute den Fall und seine Hintergründe analysieren lassen.

Morgenjournal, 4.7.2011

Bernt Koschuh

Strafe: Regenwürmer essen

Sie mussten zu Strafe "Barfuß im Schnee stehen" oder wurden gezwungen, Erbrochenes und Regenwürmer zu essen. All das ist Pflegeeltern und Erziehern der Familienwohngruppe im obersteirischen Bad Mitterndorf vergangenen Herbst vorgeworfen worden. Die Staatsanwaltschaft Leoben hat fünf Personen angeklagt. Das Delikt: Quälen oder Vernachlässigen von Unmündigen.

Vorwurf: Kontrollmängel

Die sechs betroffenen Kinder sind seit Herbst bei Pflegefamilien untergebracht. Den Kindern hätte aber früher geholfen werden können, sagt die Salzburger Kinder- und Jugendanwältin Andrea Holz-Dahrenstädt, die den Fall im Auftrag des Heimbetreibers Pro Juventute analysiert hat. Es habe Aussagen von Kinder gegeben, die jedoch nicht ernstgenommen wurden, so Holz-Dahrenstädt.

Außerdem gab es Kontrollmängel: Das Land Steiermark soll die Familienwohngruppe fünf Jahre lang nicht kontrolliert haben. Die zuständigen Sozialarbeiter sollen die Kinder zum Teil zwei Jahre lang weder besucht, noch befragt haben.

"Ombudsstellen" für alle Heimkinder

Holz-Dahrenstädt will das zwar weder bestätigen noch dementieren, fordert aber, dass künftig jedes Heimkind in Österreich mindestens dreimal im Jahr von einem Sozialarbeiter besucht wird. Eine derartige Regelung wäre im geplanten Kinder- und Jugendhilfegesetz vorgesehen, das von den Bundesländern aus budgetären Gründen seit Jahren blockiert wird. Die Forderung der Kinderanwältin: Für alle Heimkinder soll es vom Heimbetreiber unabhängige Ombudsstellen geben. Eine österreichische Umsetzung lässt allerdings noch auf sich warten.

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