Ein besonderer Stadtplan

Einsteins Stationen in Bern

In Bern, der Schweizer Bundeshauptstadt, hatte 1905 ein bis dahin weitgehend unbekannter 26-jähriger Beamter am Eidgenössischen Patentamt Bern seine Abhandlungen abgeschlossen. Und hier entwickelte er auch die wohl berühmteste Formel der Welt: E=MC2.

Sieben Jahre seines Lebens verbrachte Albert Einstein in Bern, von 1902 bis 1909. Über ein Jahrhundert später schicken die Stadt und die Universität Interessierte zur Spurensuche auf den Einstein-Pfad Bern.

Geografische Biografie

"Wie kann man eigentlich eine Biografie vermitteln, anders als nur über Bücher?", fragt Gerd Graßhoff, Direktor am Berner Institut für Philosophie und ausgewiesener Einstein-Kenner: "Zunächst mal haben wir zwei Jahre recherchiert, um möglichst alle Orte überhaupt zu identifizieren, wo sich Einstein, seine Freunde, Gesprächspartner und Lehrer aufgehalten haben, und haben uns gewundert, dass es nur ein Gebäude ist, das nicht mehr existiert aus diesen Stationen, der Rest steht noch so wie vor 100 Jahren."

Eine "geografische Biografie" ist so entstanden, die Albert Einsteins Leben und Wirken während seiner Berner Zeit beschreibt. Dazu haben Graßhoff und seine Mitarbeiter einen Stadtplan entworfen - anschaulich und "bewegend" zugleich, wenn man zu Fuß, mit dem Fahrrad oder der Straßenbahn den Einstein-Pfad erobern will. Mit Hilfe der Karte lässt sich schnell erkennen, wo der berühmte Physiker wohnte oder wo er mit Freunden zum abendlichen Diskutieren zusammentraf.

Keine Souvenir-Industrie

Bern ist stolz auf "seinen" Einstein. Wissenschaft, Politik und Tourismus gehen Hand in Hand. Aber zum Glück gibt es noch keine Albert-Einstein-Andenken-Industrie, keine Kaffeetassen mit seinem Konterfei, keine Schokoladen oder T-Shirts mit seinem Namenszug.

Seine erste Berner Junggesellenwohnung in der Gerechtigkeitsgasse 32 meldete Einstein dem Wohnsitzregister der städtischen Polizei. Im Frühjahr 1905 lebte Einstein zusammen mit seiner ersten Frau Mileva und dem einjährigen Söhnchen Hans Albert in einer möblierten Wohnung an der Kramgasse 49, wo unter anderem seine theoretischen Arbeiten entstanden.

Anekdoten versus Realität

Sobald er das geforderte Pensum an Patenten bearbeitet hatte, soll Einstein seine Manuskripte aus der Schublade hervorgezogen und sich mit physikalischen Arbeiten vergnügt haben. Danach hätte er seine Aufsätze in der Pause, auf dem Heimweg oder beim Abendessen mit Freunden diskutiert, erzählt die Stadtführerin.

"Anekdoten haben oftmals einen durchaus realistischen Kern", meint Gerd Graßhoff. "Es ist bekannt, Einstein wurde vom Militärdienst freigesetzt mit einer durchaus einschlägigen Begründung, was seine Filzpantoffeln betrifft, nämlich: Er hatte Schweißfüße. Das führte dazu, dass es ihm sehr unangenehm war, sich den ganzen Arbeitstag mit geschlossenen Schuhen zu bewegen. Aus diesem Grund hat er sich eben die Filzpantoffeln angelegt und hat im Patentamt mit den Pantoffeln eben - zwar zum Vergnügen seiner Kollegen, aber durchaus aus rationalen Gründen und nicht aus Skurrilität - gearbeitet, und ist schon mal gelegentlich vom Patentamt schnell zwei Blöcke weiter zum Markt gegangen und hat dort eingekauft. Das ist der realistische Hintergrund. Als Anekdote verkürzt erfüllt sie natürlich ganz andere Erwartungen und Zwecke. Da wird er zur skurrilen Figur, die am Weg zum Markt noch allen möglichen Leuten die Zunge rausstreckt und Ähnliches macht."

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Stadt Bern