Neues Buch von Doris Dörrie
Alles inklusive
Die Deutsche Doris Dörrie ist Film-und Opernregisseurin, Drehbuchautorin und Schriftstellerin. Meist schreibt beziehungsweise inszeniert sie Gesellschafskomödien, wo sie durchaus ernste Probleme mit Humor behandelt, ohne in Klamauk zu verfallen. Ihr neuestes Buch "Alles inklusive" ist soeben erschienen.
8. April 2017, 21:58
Kultur aktuell, 09.08.2011
Sehnsüchte im Zentrum
"Alles inklusive" - ein Titel wie aus einem Tourismus-Prospekt. Und tatsächlich geht es um die Sehnsüchte, die mit warmen, mediterranen Ländern verbunden werden, die Sehnsüchte nach der Sonne, und einem sinnlicheren Leben. Orte der Handlung sind Almería und Torremolinos in Südspanien. Und da geht es um den Unterschied zwischen Traum und Wirklichkeit, zwischen Klischees und Realität.
Die Geschichten der Hauptakteure werden in einer etwa 30 Jahre langen Zeitspanne erzählt, von der Hippie- Zeit der 1970er Jahre bis heute. Und jedes Kapitel wird aus der Perspektive einer der handelnden Personen erzählt. Da ist Apple, die ihren Namen hasst und mit ihrer Hippie-Mutter in einem Zelt am Strand schläft. Ingrid, ihre Mutter, verkauft Modeschmuck an Touristen und hat eine Affäre mit Karl, einem wohlhabenden Deutschen, der mit Frau, Sohn und Hund eine Villa mit Pool bewohnen.
Jenseits aller Romantik
Apple ist das krasse Gegenteil ihrer braungebrannten, schönen, leichtlebigen Mutter, die ihren antibürgerlichen Idealen bis ins Alter treu bleibt.
Da gibt es Angela, oder Angelita, wie sie sich nennt, eine desillusionierte Deutsche Immobilienmaklerin, die auch der Traum nach dem Süden nach Spanien geführt hat, wo sie mühsam ihre Familie ernährt, jenseits aller Romantik.
Die Journalistin Susi hat sich bei einem Interview mit Apple befreundet. Apple, inzwischen Anfang 40, lebt wieder in Deutschland, und hat schon einige Beziehungskatastrophen erlebt. Susi erzählt vom ersten Treffen der beiden.
Beziehungsprobleme, Krankheit und Tod
Sie werden beide nach Torremolinos reisen. Das ehemalige Fischerdorf ist inzwischen mit Beton zugepflastert, und auch die Hauptfiguren der Handlung haben sich verändert. Sie treffen sich in einer Villa wieder, eine hat sogar das Geschlecht gewechselt, eine andere entdeckt nach jahrelanger Ehe die gleichgeschlechtliche Liebe.
In "Alles Inklusive" geht es um Beziehungsprobleme, um Sehnsüchte, die enttäuscht werden, um Krankheit und Tod. Und trotzdem hat der Roman eine Leichtigkeit, gerade weil durch die unterschiedlichen Erzählperspektiven Distanz zu dem Geschehen, das für eine der Figuren tragisch sein kann, hergestellt wird.
Figuren mit Schwächen und Eigenheiten
Doris Dörrie beweist auch wieder einmal das, was auch ihn ihrem Filmen immer wieder bemerkbar ist, nämlich ihre Fähigkeit, ihre Figuren präzise zu schildern, Figuren, die sie mit all ihren Schwächen und Eigenheiten respektiert.
Das ist übrigens auch ein Anliegen, das sie für ihre Studenten der Münchner Filmschule hat. So organisiert sie etwa Exkursionen ins Hofbräuhaus: "Der Lerneffekt ist, dass, wenn man genau hinhört und genau zuschaut, man dann in jeder Biografie eine Geschichte entdecken kann, dass jeder eine Geschichte hat. Und dass eigentlich auch jede Geschichte erzählenswert ist und es nur darauf ankommt, wie genau man mit dieser Geschichte ist", so die Autorin.
"Alles inklusive" ist eine durchaus vergnügliche Lektüre, nicht nur für den Strand.
Service
Doris Dörrie, "Alles inklusive", Diogenes-Verlag